Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Berücksichtigung einer Berufsunfähigkeitsrente
Leitsatz (redaktionell)
Eine zum Ende der Ehezeit beitragsfreie Berufsunfähigkeitsrente ist im Versorgungsausgleich auszugleichen. Hierbei ist ausnahmsweise eine Dynamisierung geboten, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte über die wertmäßig geringeren Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt.
Normenkette
BGB §§ 1587, 1587a Abs. 2 Nr. 5b, § 1587b Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
AG Stadthagen (Urteil vom 22.12.2005; Aktenzeichen 60 F 1529/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird das am 22.12.2005 verkündete Verbundurteil des AG - Familiengericht - Stadthagen im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (2. Absatz der Urteilsformel) geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der P. Versicherung werden durch Realteilung für die Antragstellerin bei der P. Versicherung Anwartschaften auf eine private Rentenversicherung aus einem Deckungskapital i.H.v. 147.434,22 EUR, bezogen auf den 30.11.2004 als Ende der Ehezeit, begründet.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
3. Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG die am 5.10.1984 geschlossene Ehe auf den am 7.12.2004 dem Antragsgegner zugestellten Scheidungsantrag hin geschieden und zugleich den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es im Wege des Rentensplittings Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 120,58 EUR, bezogen auf den 30.11.2004 als Ende der Ehezeit, auf das Versicherungskonto des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen hat. Dabei hat es ehezeitliche Anwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zugunsten der Antragstellerin i.H.v. monatlich 411,56 EUR und zugunsten des Antragsgegners von monatlich 170,41 EUR zugrunde gelegt.
Mit ihrer befristeten Beschwerde ficht die Antragstellerin den durchgeführten Versorgungsausgleich an. Sie macht geltend, dass die Rente, die der Antragsgegner bereits zum Ehezeitende aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung in Form einer beitragsfreien Zusatzversicherung zu einer kapitalbildenden Lebensversicherung bezogen hat, in den Versorgungsausgleich einbezogen werden müsse.
Der Antragsgegner macht seinerseits geltend, dass die Antragstellerin zusätzlich über Anwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) verfüge, die ebenfalls in den Ausgleich einzustellen seien.
II. Die befristete Beschwerde ist zulässig und hat Erfolg nach Maßgabe der Beschlussformel.
Sowohl die Berufsunfähigkeitsrente des Antragsgegners als auch die Anwartschaften der Antragstellerin bei der VBL sind in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Dies führt entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung zu einem Ausgleich zugunsten der Antragstellerin, welcher im Wege der Realteilung gem. § 1 Abs. 2 S. 1 VAHRG zu bewirken ist.
Im Einzelnen hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
1. Nach § 1587 Abs. 1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Eheschließungsmonats und endet mit dem letzten Tag des Monats, welcher dem Monat vorausgeht, in welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 1587Abs. 2 BGB). Sie währte im vorliegenden Fall mithin vom 1.10.1984 bis zum 30.11.2004.
a) Während dieser Zeit hat die Antragstellerin zum einen zu der Versicherungsnummer ... Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund i.H.v. 411,56 EUR erworben. Zum anderen bestehen zu ihren Gunsten bei der VBL zu der Versicherungsnummer ... ehezeitliche Anrechte i.H.v. monatlich 34,48 EUR.
Der Wert der VBL-Anwartschaft steigt nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung. Der Ehezeitanteil der Versorgung ist daher gem. § 1587a Abs. 3, 4 BGB in eine dynamische Rente umzuwerten. Es sind dabei die Werte der Tabelle 1 der BarwVO zu verwenden, weil die Versorgung für den Fall des Alters und der Invalidität zugesagt ist. Der Tabellenwert ist gemäß der Anmerkung 2 zu der Tabelle 1 um den Faktor 1,5 zu erhöhen, denn die Versorgung ist im Rententeil volldynamisch (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474).
Auf dieser Grundlage und bei einem Alter der Antragstellerin (geb. am ... 1961) zum Ehezeitende von 42 Jahren stellt sich die Dynamisierung wie folgt dar: Der Jahreswert der Versorgung ist in einem ersten Rechenschritt mit dem Barwertfaktor zu multiplizieren. Der auf diese Weise errechnete Barwert ist sodann durch Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor aus der Tabelle 5 der Rechengrößen zum Versorgu...