Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafrestaussetzung zur Bewährung bei Ausbleiben einer Einwilligungserklärung des Verurteilten
Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Verurteilter im Verfahren über eine Strafrestaussetzung zur Bewährung weder eine Einwilligung nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB erteilt noch einer Aussetzung der weiteren Strafvollstreckung widersprochen, sondern gar keine Erklärung abgegeben, bedarf es eines Beschlusses der Strafvollstreckungskammer.
2. Eine Strafrestaussetzung zur Bewährung kommt nur in Betracht, wenn der Verurteilte eindeutig seine Einwilligung hierzu erklärt. Gibt der Verurteilte gar keine Erklärung ab, ist für eine Strafrestaussetzung zur Bewährung kein Raum. In einem solchen Fall bedarf es keiner mündlichen Anhörung des Verurteilten durch die Strafvollstreckungskammer.
Normenkette
StGB § 57 Abs. 1 Nr. 3; StPO § 454
Verfahrensgang
LG Stade (Entscheidung vom 24.05.2017; Aktenzeichen 14a StVK 160/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Verurteilte wurde durch das Landgericht Verden mit Urteil vom 3. Juni 2016 wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 15. Juni 2016. Der Verurteilte befindet sich seither in Strafhaft, zunächst in der der JVA B., seit kurzem in der JVA H. Am 23. Juni 2017 waren zwei Drittel der verhängten Freiheitsstrafe verbüßt.
Im Rahmen des von der Staatsanwaltschaft Verden eingeleiteten Verfahrens zur Prüfung der Voraussetzungen für eine Strafrestaussetzung zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB teilte die JVA B., in der sich der Verurteilte zu diesem Zeitpunkt im Strafvollzug befand, mit Schreiben an die Staatsanwaltschaft vom 17. März 2017 mit, dass der Verurteilte keine Erklärung dazu abgegeben habe, ob er mit einer Strafrestaussetzung zur Bewährung einverstanden sei. Der Verurteilte hatte das ihm ausgehändigte übliche Formblatt, auf dem Verurteilte durch Ankreuzen angeben können, ob sie mit einer Strafrestaussetzung einverstanden sind oder ihre Einwilligung nicht erteilen, nicht unterschrieben zurückgegeben.
Die Staatsanwaltschaft Verden hat die unterbliebene Erklärung des Verurteilten dahingehend gewertet, dass dieser mit seiner vorzeitigen Erlassung nicht einverstanden sei. Sie hat daher das Vollstreckungsheft der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stade mit Sitz beim Amtsgericht Bremervörde mit dem Bemerken zugeleitet, dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung wegen der nicht erfolgten Einwilligung des Verurteilten nicht in Betracht komme.
Die Strafvollstreckungskammer hat dem Verurteilten daraufhin mit Schreiben vom 21. April 2017 mitgeteilt, dass er keine Einwilligung in seine vorzeitige Haftentlassung erteilt habe, eine solche aber nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB Voraussetzung für eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung sei. Die Strafvollstreckungskammer beabsichtige daher - ohne mündliche Anhörung des Verurteilten - zu beschließen, dass die Strafvollstreckung fortzusetzen sei. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Verurteilten zudem eine Frist von zwei Wochen für eine etwaige Erklärung eingeräumt und ihn darauf hingewiesen, dass er weiterhin seine Einwilligung erklären könne. Auf dieses dem Verurteilten am 28. April 2017 zugestellte Schreiben der Strafvollstreckungskammer hat der Verurteilte nicht reagiert.
Mit Beschluss vom 24. Mai 2017 hat die Strafvollstreckungskammer beschlossen, dass die Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Verden vom 3. Juni 2016 fortzusetzen sei, weil der Verurteilte in seine bedingte Entlassung nicht eingewilligt habe.
Gegen diesen Beschluss, der dem Verurteilten am 2. Juni 2017 zugestellt worden ist, wendet sich der Verurteilte mit einer sofortigen Beschwerde vom 5. Juni 2017, die am 9. Juni 2017 beim der Strafvollstreckungskammer eingegangen ist.
Zur Begründung seiner Beschwerde macht der Verurteilte in seiner Beschwerdeschrift geltend, es sei nicht richtig, dass er seine Einwilligung in seine bedingte Entlassung versagt habe. Es sei vielmehr so, dass er gar keine Erklärung abgegeben habe. Er habe, so der Verurteilte wörtlich in seiner Beschwerdeschrift, "nichts für oder gegen eine Unterbrechung auf 2/3 unterschrieben". Dazu, ob er (nunmehr) mit einer Reststrafenaussetzung zur Bewährung einverstanden ist, verhält sich der Verurteilte (weiterhin) nicht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft und fristgerecht innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden.
a) Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft ist der Verurteilte durch den angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 24. Mai 2017, mit dem diese in der Sache eine Strafrestaussetzung zur Bewährung nach Verbüß...