Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Auftragnehmer wegen eines gestörten Bauablaufs eine Entschädigung gem. § 642 BGB geltend, hat er u.a. eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung unter Berücksichtigung von Ausgleichsmaßnahmen vorzulegen.
2. Darzulegen ist vom Auftragnehmer dabei, wie er den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, d.h., welche Teilleistungen er in welcher Zeit erstellen wollte und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen.
3. Darzulegen sind auch etwaige Möglichkeiten, andere Bauabschnitte vorzuziehen oder Arbeitskräfte anderweitig einzusetzen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Januar 2022 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das angefochtene Urteil des Landgerichts Hannover und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 95.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt das beklagte Land (im Folgenden: die Beklagte) wegen Bauzeitverzögerungen und unberechtigter Vertragsbeendigung in Anspruch und begehrt insbesondere eine Entschädigung gemäß § 642 BGB. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung der Klage nur zu einem Teil stattgegeben und sie überwiegend abgewiesen. Aufgrund von Bauzeitverzögerungen habe die Klägerin gemäß § 642 BGB einen Anspruch in Höhe von 30.249,04 Euro und aus § 2 Abs. 5 VOB/B in Höhe von 583,89 Euro. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für vergeblich vorgehaltenes Personal, das Gericht schätze die Höhe auf insgesamt 29.883,98 Euro. Aufgrund der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin Mitarbeiter für das Bauvorhaben in der Zeit vom 06.07.2015 bis 16.01.2016 eingeplant gehabt und sie teilweise unproduktiv bereitgehalten habe. Die Anzahl der Stunden ergebe sich aus Anlage 5 zu Anlage K 41, die Höhe der Lohnkosten und Lohnnebenkosten ergebe sich aus Anlage K 42; auf den sich so ergebenden Betrag sei ein Zuschlag für die Allgemeinen Geschäftskosten von 58,82 % vorzunehmen. Ein Zuschlag für AGK, der sich auf 19.761,67 Euro belaufe, stünden der Klägerin auch für die Wartezeiten zu, die durch Kurzarbeitergeld aufgefangen wurden. Für Gerätekosten könne die Klägerin nur eine Entschädigung in Höhe von 365,06 Euro für die Zeit vom 06.07.2015 bis 16.01.2016 verlangen, im Übrigen habe kein Annahmeverzug vorgelegen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf den geltend gemachten Ausgleich ihrer Kosten für die Vorhaltung des Geschäftsbetriebs in Höhe von 165.642,83 Euro. Die Klägerin habe nicht dargelegt, welche Produktionsmittel sie unproduktiv vorgehalten habe, eine konkrete Darlegung sei nicht erfolgt. Insofern sei auch ein Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B nicht schlüssig dargelegt, und auch ein Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B oder §§ 280, 286 BGB könne nicht festgestellt werden. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Gutachten Anlage K 41. Sie habe auch keinen Anspruch auf Entschädigung der geltend gemachten Finanzierungskosten, denn die Klägerin habe bereits nicht schlüssig dargelegt, wie sich der geltend gemachte Betrag zusammensetze. Die Klägerin könne auch die ausgerechneten und geltend gemachten Verzugszinsen nicht verlangen. Schließlich seien Ansprüche wegen Vertragsbeendigung unbegründet. Denn die Kündigung der Beklagten sei keine freie Kündigung, sondern der Beklagten habe ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zugestanden, weil die Klägerin ihrerseits den Vertrag unberechtigterweise fristlos gekündigt gehabt habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiterverfolgt, soweit sie vor dem Landgericht unterlegen gewesen ist. Sie macht eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, Art. 1903 Abs. 1 GG, geltend. Zur Begründung meint sie, das Landgericht habe zu Unrecht konkreten Vortrag angenommen, das Landgericht missverstehe insoweit das Urteil des BGH vom 30. Januar 2020, VII ZR 33/19. Die Klägerin hält das als Anlage K 41 vorgelegte Gutachten für ausreichend. Daneben beruhe das Urteil auch auf einer Verletzung des § 9 Abs. 1 VOB/B. Dazu meint die Klägerin, ihre eigene Kündigung aus wichtigem Grund sei berechtigt gewesen, weil die Beklagte im Hinblick auf die Verzögerungen nicht bzw. nicht ausreichend reagiert habe; insbesondere hätte die Beklagte die Entschädigungsforderung dem ...