Leitsatz (amtlich)
1. Über die Frage der Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen des § 78 Abs. 2 FamFG hat das AG vor einer mündlichen Verhandlung zur und vor einer Entscheidung in der Hauptsache zu befinden.
2. Im Falle der Ablehnung einer Beiordnung ist dem um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten eine angemessene Frist zur Überlegung einzuräumen, ggf. auch durch Verlegung eines bereits anberaumten Termins.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Celle (Beschluss vom 06.08.2013; Aktenzeichen 23a F 20077/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG -Familiengericht- Celle vom 6.8.2013 abgeändert.
Dem Antragsgegner wird im Rahmen der bereits bewilligten Verfahrenskostenhilfe Rechtsanwältin K. zur Vertretung im ersten Rechtszug beigeordnet.
Gründe
Das vorliegende Gewaltschutzverfahren ist durch einen seitens der Antragstellerin zu Protokoll der Rechtsantragstelle des AG gestellten und begründeten Antrag eingeleitet worden. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat dann zunächst Rechtsanwältin K. unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht die Vertretung der Antragstellerin angezeigt. Zur Vollmacht hat sie einen Betreuerausweis für die Antragstellerin vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass die Antragstellerin u.a. in den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Vertretung gegenüber juristischen Personen der Betreuung bedarf. Mit kurze Zeit danach eingegangenem Schriftsatz hat sich Rechtanwältin K. für den Antragsgegner legitimiert. Das AG hat zunächst der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe -ohne einen Ausspruch zur beantragten Beiordnung von Rechtsanwältin K. - bewilligt und sodann darauf hingewiesen, dass eine Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten auf keiner Seite in Betracht zu ziehen sei.
Am 6.8.2013 hat das AG sodann die Beteiligten angehört, ohne über den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragsgegners entschieden zu haben. Im Nachgang zur Sitzung hat das AG sodann dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe bewilligt, eine Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten aber mit der Begründung abgelehnt, dass die Vertretung durch eine Rechtsanwältin nicht erforderlich sei.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde. Diese ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie führt zur antragsgemäßen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Die Entscheidung des AG ist verfahrensfehlerhaft ergangen. Mit der bei der Beurteilung des Anspruchs auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe unzulässigen Betrachtung im Nachhinein hat es die Anforderungen des Art 3 Abs. 1 i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip verkannt (BVerfG, Beschl. v. 13.7.2005 - 1 BvR 175/05 -, FamRZ 2005, 1893, Leitsatz). Der Verfahrenskostenhilfe begehrende Beteiligte hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass vor einer mündlichen Verhandlung zur Hauptsache und vor einer Hauptsacheentscheidung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch entschieden wird (OLG Schleswig, Beschl. v. 4.7.2011 - 10 WF 82/11 -, FamRZ 2011, 1971, Tz. 27).
Nachdem der Antragsgegner zum Ausdruck gebracht hatte, dass zunächst über sein Gesuch entschieden werden sollte, hätte das Gericht dem Rechnung tragen können und müssen. Im Fall einer Ablehnung seines Gesuchs hätte der Antragsgegner Vertagung des bereits anberaumten Termins beantragen können, etwa um ein Beschwerdeverfahren durchzuführen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet es nämlich, dem um Verfahrenskostenhilfe Nachsuchenden eine angemessene Frist zur Überlegung einzuräumen (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.2.2003 - 2 WF 15/03 -, FamRZ 2004, 35-36, Tz. 9), ob und inwieweit er - wie hier - ein Kostenrisiko tragen muss. Denn nur so ist er auch in der Lage, sein eigenes prozessuales Verhalten darauf einzustellen und unter Umständen ggf. ein Anerkenntnis zu erwägen. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der weitgehenden Angleichung von bemittelten und unbemittelten Beteiligten im Bereich des Rechtschutzes. Denn der nicht auf Verfahrenskostenhilfe angewiesene Beteiligte hat in diesem Zusammenhang jedenfalls die Möglichkeit, ein mögliches Kostenrisiko in etwaige prozessuale Erwägungen mit einzubeziehen (OLG Schleswig, a.a.O., Tz. 29).
Da das AG die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe sowie die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung des Antragstellers bereits bejaht hat, kann der Senat -über die ihm allein angefallene Frage der Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten (§ 78 Abs. 2 FamFG)- in der Sache selbst entscheiden. Diese hat vorliegend allein aus vorstehenden Gründen zu erfolgen.
Eine Beiordnung wäre allerdings vom AG auch nach Aktenlage in Betracht zu ziehen gewesen. Das AG hatte sich nämlich zunächst mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der unter Betreuung stehenden Antragstellerin ihre Verfahrensbevollmächtigte beizuordnen gewesen wäre. Dafür spricht immerhin der Umstand, dass die Betreuung Aufgabenkreise umfasst, nach denen es nahe liegt, dass die An...