Leitsatz (amtlich)

Die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nach § 733 ZPO setzt neben der Anhörung des Schuldners voraus, dass der Gläubiger ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und bei der gebotenen Abwägung überwiegende Interessen des Schuldners nicht entgegen stehen.

 

Normenkette

ZPO § 733

 

Verfahrensgang

LG Stade (Beschluss vom 21.02.2008; Aktenzeichen 2 O 455/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 4.3.2008 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des LG Stade vom 21.2.2008 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 30.7.2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 71.708,04 EUR.

 

Gründe

Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragsteller bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I. Die Klägerin erwirkte gegen den Beklagten einen Vollstreckungsbescheid über 71.708,04 EUR. Mit Urteil des LG Stade vom 17.1.2007 wurde der Vollstreckungsbescheid aufrecht erhalten. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das OLG Celle am 14.6.2007 durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat zunächst auf Basis eines gegen den Gesellschafter W. Sch. der Klägerin gerichteten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt, ihr eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses zu erteilen, wonach der Klägerin Ansprüche gegen den Beklagten zustehen. Diesen Antrag hat das LG abschlägig beschieden, da insoweit die Antragstellerin keine Rechtsnachfolgerin der als GbR auftretenden Klägerin sei. Mit der sofortigen Beschwerde hat die Antragstellerin einen weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, gerichtet gegen beide Gesellschafter der Klägerin, vorgelegt. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses berechtigte Schuldnerbelange entgegen stünden. Konkrete Tatsachen rechtfertigten die Annahme, dass unberechtigt doppelt vollstreckt werden soll. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Ausführungen der Rechtspflegerin in dem Nichtabhilfebeschluss vom 30.7.2008 Bezug genommen.

II. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung gem. § 733 ZPO besteht nicht.

1. Zwar ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin Rechtsnachfolgerin der Klägerin geworden ist. Die Antragstellerin hat einen Titel gegen alle Gesellschafter der Klägerin erwirkt, nämlich einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen I. und W. Sch.

2. Der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG Stade vom 18.4.2007 stehen jedoch das Interesse der Antragstellerin überwiegende Belange des Schuldnerschutzes, also des Beklagten, gegenüber.

a) Nach Auffassung des Senats setzt die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nach § 733 ZPO voraus, dass der Gläubiger ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und bei der gebotenen Abwägung überwiegende Interessen des Schuldners nicht entgegen stehen (vgl. OLGReport Saarbrücken 2007, 837, 838). Der Senat ist mit einem Teil der Rechtsprechung (OLGReport München 2005, 347; OLG Frankfurt NJW-RR 1988, 512) und der Kommentarliteratur (Wolfsteiner in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 733 Rz. 12 ff.; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 733 Rz. 9) der Auffassung, dass eine solche Abwägung über die in § 733 ZPO vorgeschriebene Anhörung des Schuldners hinaus erforderlich ist. Andernfalls würde die notwendige Anhörung ihren Sinn verfehlen. Dieser besteht nur dann, wenn die sich aus der Anhörung des Schuldners ergebenden Konsequenzen auch umgesetzt werden können, also in der Versagung der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung bestehen. Denn Zweck der Vorschrift ist es, bei gleichzeitiger Wahrung der berechtigten Belange des Gläubigers den Schuldner vor mehrfacher Zwangsvollstreckung aus demselben Titel zu bewahren (OLG Frankfurt NJW-RR 1988, 512 m.w.N.), wie sich unter Berücksichtigung von § 757 ZPO zeigt (Musielak-Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 733 Rz. 1). Ansonsten würde die Anhörung eine bloße Förmelei sein und darauf reduziert werden, den Schuldner davon in Kenntnis zu setzen, dass die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung bevorsteht (was den Schuldner veranlassen könnte, "Gewehr bei Fuß zu stehen", um der weiteren vollstreckbaren Auffassung sofort in geeigneter Art und Weise entgegenzutreten).

Die insbesondere vom OLG Stuttgart (NJW-RR 1990, 126) und OLG Hamm (JurBüro 1992, 269) vertretene gegenteilige Auffassung, vor der Erteilung einer weitere Ausfertigung bedürfe es nur der Anhörung des Schuldners, vermag aus den o.g. Gründen nicht zu überzeugen.

b) Ein überwiegendes Schuldnerinteresse ist gegeben, wenn konkrete Tatsachen die Gefahr einer Doppelvollstreckung nahe legen (OLGReport Saarbrücken 2007, 837, 838). Dies ist vorliegend der Fall.

Der Pr...

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