Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung bei Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahrens durch Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Erledigt sich das einstweiligen Anordnungsverfahren (in einer Gewaltschutzssache) durch einen Vergleich, durch den die Hauptsacheregelung vorweggenommen wird, ist hinsichtlich des Wertes für das Anordnungsverfahren auf die Ermäßigung des § 41 FamFG abzustellen, während der sich Wert für den Vergleich nach dem der Hauptsache bestimmt.
Normenkette
FamFG §§ 41, 49
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 618 F 1786/20) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellervertreters wird der Wertbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 25. Mai 2020 teilweise geändert.
Der Wert für den von den Beteiligten im schriftlichen Verfahren geschlossenen, durch Beschluss des Amtsgerichts vom 25. Mai 2020 festgestellten Vergleich wird festgesetzt auf 2.000 EUR.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligten haben im vorliegenden, im Wege der einstweiligen Anordnung betriebenen Gewaltschutzverfahren um den Erlass eines Näherungs- und Kontaktverbots gestritten. Das Verfahren wurde durch einen im schriftlichen Verfahren geschlossenen, durch Beschluss des Amtsgerichts vom 25. Mai 2020 festgestellten Vergleich erledigt. In diesem Vergleich, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, haben sich die Beteiligten wechselseitig und unbefristet verpflichtet, keinen Kontakt zueinander aufzunehmen und Abstand voneinander zu halten.
Durch weiteren Beschluss vom 25. Mai 2020 hat das Amtsgericht u. a. den Verfahrenswert und den Wert für den Vergleich auf jeweils 1.000 EUR festgesetzt.
Mit seiner gegen die Wertfestsetzung erhobenen Beschwerde macht der Antragstellervertreter geltend, der Wert müsse mindestens 2.000 EUR betragen, da durch die Einigung die Angelegenheit nicht nur einstweilen erledigt worden sei.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 4. Juni 2020, auf den Bezug genommen wird, nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die von dem Antragstellervertreter erhobene Wertbeschwerde ist zulässig gem. §§ 32 Abs. 2 S. 1 RVG, 59 Abs. 1 S. 1, 3 FamGKG, insbesondere mit der erforderlichen Beschwer von mehr als 200 EUR eingelegt. Die Beschwerde ist allerdings lediglich teilweise nach Maßgabe des Tenors begründet.
§ 49 FamGKG bestimmt für Gewaltschutzverfahren gem. § 1 GewschG grundsätzlich einen Wert von 2.000 EUR. Für einstweilige Anordnungsverfahren sieht § 41 FamGKG eine Ermäßigung vor, wobei von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts auszugehen ist. Die Ermäßigung erfolgt dabei regelmäßig wegen der geringeren Bedeutung des Eilverfahrens gegenüber der Hauptsache. Der volle Wert der Hauptsache für ein einstweiliges Anordnungsverfahren kommt daher nur in Betracht, wenn die einstweilige Regelung praktisch eine Hauptsacheregelung vorwegnimmt oder sie erübrigt (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 2011, 1424; BeckOK KostR/Schindler, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 41 Rn. 11 m. w. N.). Dieser Gesichtspunkt trifft vorliegend nur für den von den Beteiligten geschlossenen Vergleich zu. Dadurch ist endgültig geregelt worden, dass die Beteiligten wechselseitig die Kontaktaufnahme zu unterlassen und Abstand voneinander zu halten haben. Ein Hauptsacheverfahren ist insoweit überflüssig geworden. Für das einstweilige Anordnungsverfahren selbst gilt dies hingegen nicht. Im einstweiligen Anordnungsverfahren wird grundsätzlich eine vorläufige Regelung angestrebt. In der Regel findet keine Beweisaufnahme statt, der Vortrag der Beteiligten ist lediglich glaubhaft zu machen. Eine im Eilverfahren ergangene Entscheidung hindert die Beteiligten nicht, die strittigen Fragen in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren auszutragen. Eine Bindung an die vorläufige Entscheidung besteht insoweit nicht (vgl. OLG Schleswig a. a. O.). Daher war lediglich der Wert für den Vergleich mit 2.000 EUR zu bemessen, während der Verfahrenswert in Höhe von 1.000 EUR zutreffend vom Amtsgericht festgesetzt worden ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 59 Abs. 3 FamGKG.
Fundstellen
FuR 2021, 109 |
MDR 2020, 1086 |
AGS 2020, 412 |
NZFam 2020, 736 |