Leitsatz (amtlich)

Hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren aus Rechtsgründen eingestellt, ohne überhaupt Ermittlungen aufzunehmen, ist das Oberlandesgericht bei abweichender Rechtsauffassung berechtigt, die Staatsanwaltschaft zur Aufnahme der Ermittlungen anzuweisen.

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.12.2002; Aktenzeichen NotZ 16/02)

 

Tenor

Es wird angeordnet, dass die Staatsanwaltschaft ####### die aufgrund der Rechtsauffassung des Senats erforderlichen Ermittlungen aufzunehmen hat.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat den Beschuldigten mit Schreiben vom 6. Februar 2002, bei der Staatsanwaltschaft #######eingegangen am 8. Februar 2002, wegen des Verdachts der Unterschlagung angezeigt. Nach ihrem Vortrag hat der Beschuldigte mit Leasingvertrag vom 16. Oktober/3. November 1992 von der Antragstellerin fünf verschiedene Geräte zum Anschaffungspreis von 22.699 DM zuzüglich Mehrwertsteuer geleast. Der Leasingvertrag sei - so die Antragstellerin - wegen Zahlungsverzugs am 8. Oktober 1993 fristlos gekündigt worden. Der Beschuldigte habe die Geräte, die sich zunächst in seinem Gewerbebetrieb in ####### befunden hätten, trotz Aufforderung nicht herausgegeben. Später habe die Ehefrau des Beschuldigten unter dieser Anschrift einen Gewerbebetrieb geführt. Bei einem Telefonat mit der Rechtsanwältin ####### habe die Ehefrau des Beschuldigten erklärt, die Geräte seien 'damals beim Hochwasser abgesoffen'.

Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren mit Verfügung vom 14. Februar 2002 wegen Verjährung eingestellt. Nach dem Kündigungsschreiben seien die Leasinggegenstände bis spätestens zum 18. Oktober 1993 herauszugeben gewesen. Das strafrechtlich möglicherweise relevante Unterlassen sei zu diesem Zeitpunkt erfolgt, als die Gegenstände nicht herausgegeben worden seien. Eine Unterschlagung nach § 246 StGB verjähre gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren, folglich sei am 17. Oktober 1998 Verjährung eingetreten.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat der Generalstaatsanwalt in Celle verworfen. Hiergegen richtet sich der Klageerzwingungsantrag der Antragstellerin.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

1.

Die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft, eine mögliche Unterschlagung sei bereits durch die Nichtherausgabe der geleasten Gegenstände zum 18. Oktober 1993 erfolgt und daher verjährt, vermag der Senat nicht zu teilen. In der Benutzung entliehener, gemieteter, geleaster oder sicherungsübereigneter Sachen über die vertraglich vereinbarte Zeitdauer hinaus ist regelmäßig keine Zueignung im Sinne des § 246 StGB zu sehen. Ein solches Verhalten lässt nicht ohne weiteres den Schluss auf einen Zueignungswillen zu, da es auf den verschiedensten anderen Gründen, wie etwa auf Nachlässigkeit, beruhen kann. Erforderlich ist vielmehr, dass der Zueignungswille durch ein über das bloße Unterlassen der geschuldeten Rückgabe hinausgehendes Verhalten manifestiert wird, welches den sicheren Schluss darauf zulässt, dass der Gegenstand unter Ausschluss des Eigentümers dem eigenen Vermögen einverleibt werden soll (vgl. BGHSt 34, 309, 311 ff; OLG Koblenz StV 1984, 287, 288; OLG Düsseldorf StV 1990, 164; OLG Hamm wistra 1999, 112; LK-Ruß, StGB, 11. Aufl. § 246 Rdn. 20 m. w. N.). Dass der Beschuldigte auf die mit Fristsetzung erfolgte Aufforderung der Antragstellerin zur Rückgabe nicht reagiert hat, reicht als Manifestation des Zueignungswillens nicht (vgl. BGHSt 34, 309, 312). Mögliche Manifestationen des Zueignungswillens - Verbergen der Sache, Schweigen auf die Frage nach deren Verbleib, weitere Nutzung im eigenen Gewerbebetrieb unter Minderung des Wertes der Sachen oder Übergabe an die Ehefrau zur Benutzung in deren Betrieb - sind bisher nicht festgestellt beziehungsweise hinsichtlich ihres Zeitpunktes völlig offen. Nicht auszuschließen ist daher, dass eine Zueignung erst in bisher nicht rechtsverjährter Zeit erfolgt ist. Dass entsprechende Ermittlungsmaßnahmen zu der Frage, ob und gegebenenfalls wann Zueignungshandlungen stattgefunden haben, völlig aussichtlos wären, vermag der Senat nicht festzustellen. Möglicherweise ergeben sich bereits aus den bisher nur sehr pauschal vorgetragenen Bemühungen der Antragstellerin, die geleasten Gegenstände zurückzuerhalten, bei einer ins Einzelne gehenden Darstellung Anhaltspunkte dafür, dass eine Zueignungshandlung erst nach dem 8. Februar 1997 erfolgt ist. Bislang ist nicht einmal sicher, dass die Gegenstände tatsächlich nicht mehr vorhanden sind. Offen ist des Weiteren, wie sich der Sachverhalt aus der Sicht des Beschuldigten darstellt. Unter diesen Umständen vermag der Senat den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung nicht von vornherein zu verneinen.

2.

Der von der Antragstellerin erhobene Tatvorwurf ist bisher tatsächlich in keiner Weise geklärt. Unter diesen Umständen erachtet es der Senat für zulässig, die Staatsanwaltschaft zur Aufnahme der bislang fehlenden Ermittlungen anzuweisen.

Zwar sehen die §§ 172 ff StPO nach ihrem Wortlaut eine bloße Ermittlungsanordnung nicht vor. Das Klageerzwing...

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