Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht
Leitsatz (amtlich)
Der Anfechtungsausschluss des § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO bezieht sich auch auf Beschwerden der Staatsanwaltschaft, so dass die Entscheidung des Vorsitzenden über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht (z.B. in Aufzeichnungen der Telekommunikation) insgesamt der Anfechtung entzogen ist.
Normenkette
StPO § 147 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Entscheidung vom 29.07.2016; Aktenzeichen 40 KLs 13/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hannover gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 29. Juli 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe
I.
Mit Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover vom 27. Juni 2016 werden den Angeschuldigten Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt. Die Angeschuldigten C. C., M. und Ma. wurden am 2. Februar 2016 vorläufig festgenommen. Die beiden erstgenannten befinden sich seither aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hannover vom 29. Oktober 2015 (Az.: 273 Gs 88/15) in Untersuchungshaft während der Angeschuldigte Ma. seit dem 3. Februar 2015 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hannover vom selben Tag (Az.: 273 Gs 11/16) Untersuchungshaft verbüßt.
Die Entscheidung über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung und die Eröffnung des Hauptverfahrens steht noch aus. Für den Fall der Eröffnung hat der Vorsitzende der 2. großen Strafkammer Hauptverhandlungstermine beginnend im September 2016 festgesetzt.
Der Anklageerhebung vorausgegangen waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover, die auch Telekommunikationsüberwachungen und mit Videotechnik dokumentierte Observationen umfassten. Die dabei angefallenen Daten wurden auf vier Festplatten gesichert, die der zuständigen Strafkammer erst mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 11. Juli 2016 übersandt wurden. Den auf diesen Festplatten befindlichen Dateiordner "PDF-Protokolle TKÜ" hat der Vorsitzende bereits extrahieren und auf passwortgeschützte CDs kopieren lassen, die er den Verteidigern übersandte. Hinsichtlich der übrigen Daten verwies er die Verteidiger mit Verfügung vom 14. Juli 2016 zunächst auf die Einsichtnahme in den Diensträumen des Landgerichts. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2016 beantragte der Verteidiger des Angeschuldigten C. C., Rechtsanwalt N., ihm die auf den Festplatten befindlichen Dateien in geeigneter Form zur Einsichtnahme in seiner Kanzlei zur Verfügung zu stellen. Hieraufhin stellte der Vorsitzende mit Entscheidung vom 29. Juli 2016 fest, dass er beabsichtige, Doppel der vorgenannten vier Festplatten zu erstellen und diese den Verteidigern im Falle eines Antrages zur Einsichtnahme in die dortigen Geschäftsräume zu übersenden. Es wird den Verteidigern aufgeben werden, diejenigen Dateien, welche Beweisstücke enthalten, weder zu vervielfältigen, noch diese in der ihnen übersandten Form den Beschuldigten oder dritten Personen zu überlassen oder den vorgenannten Personen in ihrer Abwesenheit Einsicht zu gewähren. Dies begründete der Vorsitzende in Form einer Abwägung der im vorliegenden Einzelfall betroffenen Interessen. Er gewährte der Staatsanwaltschaft Hannover jedoch Gelegenheit zur Stellungnahme, ob in begründeten Einzelfällen einzelne Dateien von der Übersendung in die Geschäftsräume auszunehmen seien, und setzte hierfür eine Frist bis zum 5. August 2016.
Gegen diese Entscheidung des Vorsitzenden richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hannover vom 2. August 2016. Zur Begründung führt sie aus, dass die Überlassung der Dateien in die Kanzleiräume der Verteidiger den Eingriff in die Grundrechte unbeteiligter Dritter vertiefen würde. Die Daten seien dann der Kontrolle der Staatsanwaltschaft entzogen und diese könnte der ihr gem. § 101 Abs. 8 Satz 1 StPO übertragenen Löschungspflicht nicht mehr nachkommen. Die Überlassung sei auch nicht aufgrund des Beschleunigungsgebotes in Haftsachen und der Grundsätze eines fairen Verfahrens geboten, weil die Verteidigung bereits seit Erhalt des elektronischen Aktendoppels am 16. Februar 2016 gewusst habe, dass Telekommunikation überwacht und Videoaufzeichnungen angefertigt wurden. Obwohl der Verteidigung seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei, dass hierzu notwendigerweise Aufzeichnungen vorliegen müssen, hätten sich die Verteidiger nicht um eine Einsichtnahme bemüht. Daher müsse es ausreichen, die Dateien in den Räumen der Justizbehörden einsehen zu können.
Der Vorsitzende half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft die Entscheidung des Vorsitzenden vom 29. Juli 2016 aufzuheben.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Entscheidung des Vorsitzenden über die Art und Weise der Gew...