Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung wegen Geheimhaltungsinteresse an der Wohnanschrift
Leitsatz (amtlich)
1. Für ein einstweiliges Anordnungsverfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, in dem die Antragstellerin unter eidesstattlich versichertem Vortrag eines einmaligen Übergriffs des Antragsgegners unter Köperverletzung ("blaue Flecken") mit anschließendem Polizeieinsatz ein Abstandsgebot und das Verbot weiterer Kontaktaufnahmen begehrt, ist die Beiordnung eines Anwaltes nicht erforderlich.
2. Eine Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung i.S.d. § 78 Abs. 2 FamFG ergibt sich auch nicht allein daraus, dass die in einem Frauenhaus wohnhafte Antragstellerin ein Geheimhaltungsinteresse an ihrer Wohnanschrift geltend macht.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 03.01.2014; Aktenzeichen 630 F 6429/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 3.1.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt in einem gegen ihren getrennt lebenden Ehemann gerichteten Gewaltschutzverfahren neben der durch das AG bereits gewährten Verfahrenskostenhilfe auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Die Antragstellerin ist infolge der von ihr behaupteten körperlichen Angriffe des Antragsgegners in ein Frauenhaus gezogen. Unter der Postfachanschrift des Frauenhauses beantragte die Antragstellerin Sozialleistungen und hat diese auch in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als ihre Anschrift angegeben.
Das AG hat den Antrag der Antragstellerin auf Beiordnung eines Rechtsanwalts, der schon in der Antragsschrift erbeten hatte, Zustellungen an die Antragstellerin über ihn vorzunehmen, mit dem Hinweis auf die einfach gelagerte Sach- und Rechtslage zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet die Antragstellerin ihre sofortige Beschwerde mit der Begründung, dass es zur Geheimhaltung ihrer Anschrift der Beiordnung zwingend deshalb bedürfe, weil bei Anträgen bei der Rechtsantragsstelle des AG eine Geheimhaltung der eigenen Anschrift unmöglich sei. Nur durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts, an den Zustellungen auch für sie möglich seien, könne ihr Schutz gewährleistet werden.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis auf die Verwendung von Postfachadressen seitens der Frauenhäuser nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Das AG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend erkannt, dass es angesichts der einfachen Sach- und Rechtslage vorliegend keiner Anwaltsbeiordnung bedurfte (vgl. insoweit auch OLG Celle vom 30.6.2011 - 10 WF 176/11 - FamFR 2011, 345 = BeckRS 17564 = juris; v. 8.1.2014 - 10 WF 2/14 - BeckRS 2014, 01690 = juris).
Auch gebietet entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht ihr Interesse an der Geheimhaltung ihrer aktuellen Wohnanschrift gegenüber dem Antragsgegner ausnahmsweise doch die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Es ist zwar zutreffend, dass gerade in Gewaltschutzsachen nicht selten Zustellungen über den eigenen Anwalt erbeten werden. Dies ist indessen, wie auch vom AG im Nichtabhilfebeschluss erkannt, nicht zwingend. Die Antragstellerin verfügt über eine Postfachadresse, die sie nicht nur gegenüber dem Gericht, sondern auch gegenüber anderen Behörden erkennbar erfolgreich nutzt. Damit ist eine Anwaltsbeiordnung auch nicht allein aus Geheimhaltungswünschen betreffend die eigene (Wohn-)Anschrift erforderlich.
Fundstellen
Haufe-Index 6493993 |
FamRZ 2014, 2017 |
FuR 2014, 601 |
JurBüro 2014, 252 |
MDR 2014, 799 |
RVGreport 2014, 325 |
ZKJ 2014, 210 |