Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 29.10.2015; Aktenzeichen 3 O 98/15) |
Tenor
Es ist beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 29.10.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Hannover durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO Nr. 4 ZPO hält der Senat nicht für geboten.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger kann keine Feststellung des Fortbestands der Bausparverträge mit der Nr ... sowie der Nr... verlangen. Denn der beklagten Bausparkasse steht auf der Grundlage von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ein Kündigungsrecht zu, nachdem die Zuteilungsreife hinsichtlich der Bausparverträge am 1.10.2002 (Vertrag Nr...) bzw. am 1.4.2005 (Vertrag Nr...) eingetreten ist und daher über 10 Jahre zurückliegt.
Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BGB kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
1. Die streitgegenständlichen Bausparverträge sind als Darlehen i. S. von § 489 BGB zu qualifizieren.
Beim Bausparvertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein (verzinsliches) Guthaben an und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, Az.: 9 U 151/11, zitiert nach JURIS Rdz. 12; LG München I, Beschluss vom 18.11.2015, Az.: 35 O 4819/15, zitiert nach JURIS Rdz. 22). Vor diesem Hintergrund ist jeder Bausparvertrag bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015, Az.: I-31 U 182/15, 31 U 182/15, zitiert nach JURIS Rdz. 18; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2001; OLG Köln, Beschluss vom 11.1.2016, Az.: 13 U 151/15; LG München I, a.a.O.), wobei die Einlagen des Bausparers das Darlehen an die Bausparkasse darstellen, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.). Erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens tauschen Bausparer und Bausparkasse ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer (OLG Stuttgart, a.a.O. Rdz. 7; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Az.: 19 U 106/13; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.1.2016, Az. 8 U 1064/15 sub. II.1.; Staudinger/Mülbert, BGB, Bearbeitung 2015, § 488 Rdz. 539). Entgegen der Auffassung des LG Karlsruhe (Urteil vom 9.10.2015, Az:. 7 O 126/15, zitiert nach JURIS Rdz. 24 f.) löst sich die Bausparkasse durch die Kündigung daher nicht unzulässig aus ihrer Rolle als Darlehensgeberin. Das LG Karlsruhe übersieht, dass die Ansparphase bis zur Annahme der Zuteilung läuft und erst im Anschluss daran die Darlehensphase beginnt. Erst mit Zuteilung wechseln die Rollen der Parteien. Die bloß im Vertrag angelegte Möglichkeit, dass die Bausparkasse bei einem entsprechenden Verhalten des Bausparers Darlehensgeberin werden könnte, steht der Annahme des Kündigungsrechts nicht entgegen (OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, Az.: 31 U 191/15, zitiert nach JURIS Rdz. 17).
Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist auch auf die beklagte Bausparkasse anwendbar. Eine Beschränkung des Kündigungsrechts auf Verbraucher ist zu verneinen.
Eine Einschränkung des Kündigungsrechts ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus den Gesetzgebungsmaterialien. Die Formulierung "Darlehensnehmer" ist offen und nicht an eine Verbrauchereigenschaft gekoppelt.
Dass § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kein Privileg des Verbrauchers ist, folgt auch aus den Motiven zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. Dort heißt es zur Neufassung des § 489 Abs. 1 BGB, dass sich die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers, der Verbraucher sei, nunmehr in § 500 BGB-E finden und die Kündigungsmöglichkeiten nach den §§ 489, 490 BGB ergänzen würden (BT-Drucksache 16/11643 S. 74).
Dies spiegelt sich auch in der gesetzlichen Systematik wieder. Zutreffend verweist das LG München darauf, dass sich die Vorschrift des § 489 BGB in dem für alle Darlehensnehmer und Darlehensverträge geltenden "Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften" befinden. Erst im Kapitel 2 befindet sich in § 500 BGB ein spezielles Kündigungsrecht für Verbraucher (LG München, Urteil vom 18.11.2015, Az.: 35 O 4819/15; OLG Köln, Bes...