Leitsatz (amtlich)

Eine Prozesspartei, die selbst Prozesskostenhilferaten zu zahlen hat, ist daneben nicht auch noch verpflichtet, dem Prozessgegner einen Prozesskostenvorschuss in Ratenform zu erbringen, weil dieses nicht der Billigkeit entspricht.

 

Normenkette

ZPO § 115

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 624 F 4839/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das AG hat mit Beschluss vom 22.12.2008 der Antragsgegnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) für das vorliegende Scheidungsverfahren bewilligt und ihr Rechtsanwältin P. in N. beigeordnet. Mit Beschluss vom 31.10.2008 hat das AG dem Antragsteller Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung i.H.v. 45 EUR monatlich bewilligt und Rechtsanwältin S. in H. beigeordnet.

Nachdem dem Bezirksrevisor auf seine Anforderung vom 15.1.2009 die Akten des Verfahrens am 22.1.2009 vorgelegt worden waren, hat dieser mit Schreiben vom 29.1.2009 Beschwerde gegen die Bewilligung ratenfreier PKH für die Antragsgegnerin eingelegt. Er macht unter Bezugnahme auf den Beschluss des BGH vom 4.8.2004 (BGH FamRZ 2004, 1633 ff.) geltend, der Antragsgegnerin stehe ein Prozesskostenvorschuss ggü. dem Antragsteller i.H.v. monatlich 30 EUR zu. Denn nach Abzug der mit Beschluss des AG vom 31.10.2008 festgesetzten PKHRate verbleibe auf Seiten des Antragstellers ein einzusetzendes Einkommen von 98 EUR.

Das AG hat mit Beschluss vom 13.7.2009 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Eine Prozesskostenvorschusspflicht des Antragstellers hielt das AG für nicht gegeben, da ihm unter Berücksichtigung der eigenen PKH-Verpflichtung die ratenweise Zahlung eines Prozesskostenvorschusses nicht zumutbar sei.

II. Die gem. § 127 Abs. 3 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde der Landeskasse ist unbegründet.

Zwar kommt eine PKHBewilligung mit einer entsprechenden Ratenzahlungsanordnung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gem. § 1360a Abs. 4 BGB besteht, weil der Unterhaltsschuldner den gesamten Betrag zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber zu Ratenzahlungen nach § 115 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO in der Lage ist. Dabei ist Voraussetzung für das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf einen Prozesskostenvorschuss, dass der Berechtigte nicht in der Lage ist, die Prozesskosten selbst zu tragen und die Belastung des Unterhaltsschuldners mit den Prozesskosten der Billigkeit entspricht. Letzteres ist nicht der Fall, wenn der Unterhaltsschuldner ohne Gefährdung seines eigenen Selbstbehalts nicht hinreichend leistungsfähig ist (vgl. BGH FamRZ 2004, 1633 = JurBüro 2004, 654).

Zwar ergibt sich auf Seiten des Antragstellers unter Berücksichtigung seiner eigenen Ratenzahlungsverpflichtung aus dem Beschluss vom 31.10.2008 ein gem. § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen von 98 EUR, so dass nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO eine Ratenanordnung von monatlich 30 EUR festzusetzen wäre. Ebenso zutreffend hat das AG in seinem Nichtabhilfebeschluss festgestellt, dass der Antragsteller auch in der Lage wäre, ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes einen Prozesskostenvorschuss in Raten von monatlich 30 EUR an die Antragsgegnerin zu zahlen. Denn danach verfügt er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.187 EUR. Nach Abzug von pauschal 5 % für berufsbedingte Aufwendungen (59,35 EUR) sowie der Ratenzahlungsverpflichtung aus dem Beschluss vom 31.10.2008 i.H.v. 45 EUR und der hier ermittelten Vorschusspflicht von 30 EUR verblieben ihm 1.052,65 EUR.

Eine Inanspruchnahme des Antragstellers würde aber zu dem Ergebnis führen, dass er in ein und demselben Verfahren höhere Raten zu zahlen hätte, als gesetzlich in § 115 Abs. 2 ZPO vorgesehen ist. Dieses würde zu einer unzumutbaren Belastung des Antragstellers führen, so dass ein Anspruch der Antragsgegnerin ggü. dem Antragsteller auf Zahlung von monatlichen Raten i.H.v. 30 EUR auf die Prozesskosten nicht besteht (so auch OLG Koblenz, FamRZ, 1986, 284 f.).

Diesem Ergebnis steht der von dem Bezirksrevisor angeführte Beschluss des BGH vom 4.8.2004 (FamRZ 2004, 1633 ff.) nicht entgegen. Denn in dem vom BGH zu beurteilenden Fall ist eine Prozesskostenvorschusspflicht eines Elternteils bejaht worden, der gerade nicht gleichzeitig auch Partei des Verfahrens mit eigener PKHRatenzahlungsverpflichtung gewesen war. Zudem hat auch der BGH in der genannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass es dem unterhaltsrechlichen Maßstab der Billigkeit widersprechen würde, wenn der Unterhaltspflichtige in stärkerem Maße in Anspruch genommen würde, als dieses bei eigener Prozessführung der Fall wäre (BGH, a.a.O.).

III. Die Rechtsbeschwerde war gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 574 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtsfrage der Verpflichtung einer Prozesspartei, der selbst Prozesskostenhilfe und Ratenzahlung bewilligt ist, zu einem in Raten zu leistenden Prozesskostenvorschuss für den Gegner des nämlichen Prozesses grundsätzliche Bedeutung ha...

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