Leitsatz (amtlich)

1. Eine konkludente Vereinbarung dergestalt, dass von den Parteien eines Bauvertrags ein höherer Standard gewollt gewesen ist als die anerkannten Regeln der Technik, kommt nur ausnahmsweise in Betracht.

2. Vielmehr entspricht es dem Interesse des Werkunternehmers, sich auf einen höheren Qualitätsstandard als die anerkannten Regeln der Technik nur ausnahmsweise einzulassen, sofern er die hieraus folgende erhöhte Haftung entsprechend vergütet bekommt.

3. Allein eine vermeintlich erkennbare Erwartung des Bestellers kann insofern nicht ausreichen, solange sie nicht berechtigt ist. Berechtigt wäre sie allenfalls dann, wenn die Parteien ex ante die gemeinsame Vorstellung haben konnten, dass die Ausführung der Arbeiten nach dem Standard der allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht ausreichen würde, um den Anforderungen des Bestellers zu genügen.

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 89.579,84 EUR festzusetzen.

2. Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 1 ZPO teilweise als unzulässig zu verwerfen, im Übrigen nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.

Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:

 

Gründe

I. Teilweise ist die Berufung bereits unzulässig, nämlich soweit sie sich nach Maßgabe der angekündigten Berufungsanträge zugleich auch gegen die (vollständige) Nichtabweisung der Widerklage sowie die Aberkennung der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderung in Höhe von 3.000,- EUR (Rechnung der Fa. B. abzgl. erhaltener Versicherungsleistung) richtet.

1. Der Berufungskläger muss innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, sofern er sich nicht auf den Vortrag neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel beschränkt (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO), angeben, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Die Begründung muss dabei geeignet sein, die erstinstanzliche Entscheidung im Umfang der Anfechtung infrage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile der angefochtenen Entscheidung erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGH, Beschluss vom 29. November 2017 - XII ZB 414/17 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Dies gilt nicht nur für Klage und Widerklage (vgl. Müller-Rabe, NJW 1990, 283, 285 m.w.N.), sondern insbesondere auch für das Verhältnis von Klage- und Aufrechnungsforderung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 1993 - VII ZR 179/91 -, juris Rn. 6; Müko-ZPO/Rimmelspacher, 6. Auflage 2020, § 520 Rn. 45; Müller-Rabe, a.a.O. m.w.N.).

Innerhalb eines Streitgegenstands bedarf es ferner einer aus sich heraus verständlichen Angabe, welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe der Berufungsführer den Erwägungen des Erstgerichts im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein, es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Dabei muss die Berufung die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen; die Begründung muss also - ihre Richtigkeit unterstellt - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2015 - IX ZB 35/15 -, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 - VI ZB 54/19 -, juris Rn. 6 jeweils m.w.N.). Der Grund hierfür liegt darin, dass in derartigen Fällen jede der gleichwertigen Begründungen des Erstgerichts seine Entscheidung trägt. Selbst wenn die gegen einen Grund vorgebrachten Angriffe durchgreifen, ändert sich nichts daran, dass die Klage aus dem anderen Grund weiterhin abweisungsreif ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 - III ZB 49/12, juris Rn. 8).

2. Das Landgericht hat die Klägerin auf die Widerklage über einen beantragten Zahlungsbetrag von 27.954,53 EUR zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 13.814,79 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage im Übrigen hinsichtlich eines Betrages von 1.639,74 EUR abgewiesen sowie in Höhe eines Betrages von 12.500,- EUR - entsprechend dem vom Gericht ermittelten Vorschussanspruch - als derzeit unbegründet abgewiesen.

a) Zur Begründung seiner Entscheidung über die Widerklage hat es ausgeführt, dass die mit der Widerklage geltend gemachte Werklo...

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