Leitsatz (amtlich)
1. Die Aussicht auf Schlussüberschüsse und Beteiligung an Bewertungsreserven ist beim Ausgleichswert einer privaten Rentenversicherung, auf die § 176 Abs. 3 VVG a.F. anzuwenden ist, nicht zu berücksichtigen. Das gilt auch bei der Prüfung der Geringwertigkeit des Anrechts nach § 18 Abs. 2 VersAusglG.
2. Die interne Teilung des Anrechts aus einer privaten Rentenversicherung bezieht sich jedoch auch auf den durch den Schlussüberschuss und die Beteiligung an den Bewertungsreserven eintretenden Wertzuwachs des Anrechts. Dies kann im Entscheidungstenor klarstellend zum Ausdruck gebracht werden.
3. Ein geringwertiges Anrecht ist in den Wertausgleich einzubeziehen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte für seinen notwendigen Unterhalt auf das Anrecht angewiesen ist.
Normenkette
VersAusglG § 18 Abs. 2, §§ 27, 46
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 23.02.2011; Aktenzeichen 604 F 1197/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 23.2.2011 im dritten Absatz der Entscheidung zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) geändert und wie folgt gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der H. Lebensversicherung AG (Rentenversicherung Nr ...) zugunsten des Ehemannes ein Anrecht im Wert von 1.613,03 EUR, bezogen auf den 31.5.2010, übertragen. Des Weiteren kommen im Leistungsfall die auf die Ehezeit entfallenden Schlussüberschüsse (Ausgleichswert der Bemessungsgröße am Ende der Ehezeit: 33,98 EUR) und Bewertungsreserven (Ausgleichswert der Bemessungsgröße am Ende der Ehezeit: 4.139,72 EUR) zum Ausgleich.
Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den beteiligten Eheleuten gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 1.674 EUR.
Gründe
I. Die beteiligten Eheleute heirateten am 1.2.1985 und wurden auf den am 14.6.2010 zugestellten Antrag der Ehefrau durch den angefochtenen Beschluss geschieden. Zugleich hat das AG den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es beiderseitige gesetzliche Rentenanwartschaften bei der weiteren Beteiligten zu 1 ausgeglichen und den Ausgleich einer privaten Rentenanwartschaft der Ehefrau bei der weiteren Beteiligten zu 2 wegen Geringfügigkeit gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen.
Gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des jetzt 74 Jahre alten Ehemannes, der bereits eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Er ist der Auffassung, ein Ausgleich der beiderseitigen gesetzlichen Rentenanwartschaften wäre grob unbillig, da er höhere Rentenanwartschaften an die Ehefrau abgeben müsste als er von ihr erhielte und ihm dann nur noch eine Rente von monatlich 660,75 EUR verbleiben würde. Die jetzt 61 Jahre alte Ehefrau könne bei Erreichen der Altersgrenze eine deutlich höhere Rente erwarten. Außerdem verfüge sie noch über ihre private Rentenanwartschaft ("Riester-Rente"), deren Ausgleich das AG ausgeschlossen habe. Hilfsweise beantragt der Ehemann, dieses Anrecht der Ehefrau bei der weiteren Beteiligten zu 2 auszugleichen.
Die Ehefrau tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die Beschwerde des Ehemannes ist nur insoweit begründet, als er hilfsweise eine Einbeziehung des Anrechts der Ehefrau aus der privaten Rentenversicherung in den Wertausgleich begehrt.
1. Zu Recht hat das AG die von beiden Ehegatten in der Ehezeit (1.2.1985 bis 31.5.2010; § 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften jeweils gem. § 10 Abs. 1 VersAusglG intern geteilt.
Gegen die Berechnung der Ehezeitanteile durch die Versicherungsträger bestehen keine Bedenken. Danach hat der Ehemann in der Ehezeit ein Anrecht im Wert von 20,2220 Entgeltpunkten erworben, die Ehefrau ein solches im Wert von 10,6617 Entgeltpunkten. Auf Seiten des Ehemannes sind die Entgeltpunkte zutreffend aus der bereits bezogenen Altersrente berechnet worden. Die Ehefrau bezieht noch keine Rente. Bei Berechnung einer Rentenanwartschaft sind zwar nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nur die bis Ende der Ehezeit zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten zu berücksichtigen (OLG Celle FamRZ 2011, 723). Im vorliegenden Fall hat die DRV Bund zwar auch den Monat Juni 2010 in die Berechnung einbezogen. Dennoch kann die Berechnung hier ausnahmsweise übernommen werden. Denn zum einen kann sich durch die Einbeziehung dieses einen Monats keine ins Gewicht fallende Abweichung ergeben, weil die Ehefrau fast die gesamte Ehezeit und auch den Monat Juni 2010 mit Pflichtbeitragszeiten belegt hat. Zum anderen steht der Renteneintritt der Ehefrau bereits kurz bevor, so dass sich bis zum Rentenbeginn keine wesentliche Veränderung der auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkte mehr ergeben wird.
Den hälftigen Ausgleichswert (§ 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) der gesetzlichen Rentenanwartschaften haben die Versicherungsträger mathematisch korrekt auf Seiten des Ehemannes mit 10,1110 Entgeltpunkt...