Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbrecht. Einziehung des am 3. März 1998 erteilten Erbscheins. Auslegung eines Testaments
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet der Erblasser in einem privatschriftlichen Testament, durch das er seine gesetzlichen Erben auf den Pflichtteil setzt, Grundstücke zu, die wertmäßig den weitaus größten Teil des Nachlasses ausmachen, so kann hierin abweichend von § 2087 Abs. 2 BGB eine Erbeinsetzung hinsichtlich des gesamten Vermögens liegen.
2. Gehört zu dem Nachlass des deutschen Erblassers ein Grundstück in Florida (USA), so tritt hinsichtlich dieses Grundstücks einerseits sowie des übrigen Vermögens andererseits Nachlassspaltung ein (Art. 3 III, 25 EGBGB).
3. Der Umstand, dass das vom Erblasser verfasste eigenhändige Testament nach dem Recht des Staates Florida formunwirksam ist und deshalb hinsichtlich dieses Nachlassteils gesetzliche Erbfolge eintritt, führt nicht dazu, dass die Erbeinsetzung hinsichtlich des übrigen Nachlasses unwirksam ist und ebenfalls gesetzliche Erbfolge einträte.
4. In einem Erbschein ist bei der hier vorliegenden Nachlassspaltung der Zusatz aufzunehmen, dass dieser sich nicht auf das in Florida befindliche unbewegliche Vermögen erstreckt.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Auslegung eines Testaments ist in erster Linie Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung im Verfahren der weiteren Beschwerde ist auf Rechtsfehler beschränkt. Maßgebend ist hierbei, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Betracht gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen oder dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann
2. In der Zuwendung einzelner Gegenstände, die den überwiegenden Teil des Nachlasses ausmachen, was insbesondere bei (Haus-)Grundstücken in Betracht kommt, liegt indessen nach dem Willen des Erblassers in aller Regel eine Erbeinsetzung und nicht lediglich die Anordnung eines Vermächtnisses.
3. In diesen Fällen beabsichtigt der Erblasser regelmäßig eine Erb- bzw. Miterbeneinsetzung, durch die seine wirtschaftliche Stellung in der Person der Bedachten unmittelbar fortgesetzt werden soll. Für die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, die in erster Linie die Entstehung größerer und unübersichtlicher Miterbengemeinschaften durch die Beteiligung von mit Vermögensgegenständen geringeren Wertes Bedachter verhindern will, besteht hier demgegenüber kein Raum.
Normenkette
BGB § 2087; EGBGB Art. 3 III, Art. 25
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 04.07.2002; Aktenzeichen 12 T 13/02) |
AG Burgwedel (Aktenzeichen 12 VI 71/02) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in den Erbschein vom 3. März 1998 ein Vermerk des Inhalts aufzunehmen ist, wonach dieser sich nicht auf das in den USA (Florida) belegene unbewegliche Vermögen des Erblassers bezieht.
Die Beteiligten zu 1 und 2 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 100.372,35 Euro
Gründe
Die weiteren Beschwerden sind unbegründet (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass die Beteiligten zu
1 und 2 aufgrund des privatschriftlichen Testaments des Erblassers vom 29. April 1997 dessen Erben zu je ½ geworden sind, so dass eine Einziehung des dies bezeugenden Erbscheins vom 3. März 1998 nicht in Betracht kommt (nachfolgend zu 1). In dem Erbschein ist lediglich von Amts wegen zu vermerken, dass er sich nicht auf das in den USA (Florida) belegene unbewegliche Vermögen des Erblassers erstreckt (nachfolgend zu 2).
1. Die Auslegung eines Testaments ist in erster Linie Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung im Verfahren der weiteren Beschwerde ist auf Rechtsfehler beschränkt. Maßgebend ist hierbei, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Betracht gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen oder dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357, 363; BayOblG NJW-RR 2002, 873 f.).
Gegen diese Auslegungsgrundsätze hat das Landgericht nicht verstoßen. Es ist vielmehr in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Beteiligten zu 1 und 2 Erben zu je ½ geworden sind.
a) Zwar hat der Erblasser in dem Testament vom 29. April 1997 keine ausdrückliche Erbeinsetzung vorgenommen, sondern lediglich bestimmte Vermögensgegenstände einzelnen Personen zugewiesen bzw. diese ausgeschlossen...