Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 17.08.2005; Aktenzeichen 2 O 214/04) |
Gründe
I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, das Landgericht habe den Begriff der Überschuldung verkannt. Auch unter Auflösung sämtlicher stiller Reserven ergebe sich nach wie vor ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag. Eine positive Fortführungsprognose sei hierfür unerheblich. Auf die Berechtigung zur Abschreibung der gegen die U. ... GmbH ... gerichteten Forderung komme es nicht an; bei einer - richtigen - Abschreibung bereits im Jahre 1998 wäre die Überschuldung noch eher eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Verfahren unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteil gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.
Hilfsweise beantragt er,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 156.728,96 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt nach wie vor in Abrede, dass die von ihm geführte Gesellschaft überschuldet gewesen sei, da eine positive Fortbestandsprognose zu stellen gewesen sei. Im Übrigen hätten in erheblichem Umfang stille Reserven vorgelegen. Unter Berücksichtigung der gegen die U. ... KG gerichteten Forderung hätte sich für 2001 eine "positive Bilanz" ergeben. Wenn auch zum 31. Dezember 2001 rechnerisch eine geringfügige Unterdeckung vorgelegen haben sollte, sei eine Überschuldung im rechtlichen Sinn jedoch nicht gegeben, da er mittelfristig eine positive Fortführungsprognose habe annehmen dürfen. Die tatsächliche Entwicklung habe ihn darin bestätigt, dass die einmalige Forderungsabschreibung der F. ... KG aufgefangen werden und im Jahr 2003 "rechnerisch wieder Gewinn erwirtschaftet und eine positive Bilanz geschrieben werden konnte".
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht ein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG zu. Schon geraume Zeit vor den hier streitgegenständlichen Auszahlungen, die ab dem 21. März 2003 vorgenommen worden sind, war die Überschuldung der vom Beklagten geführten Gesellschaft festgestellt (1.). Der Beklagte hat nach Feststellung der Überschuldung Zahlungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens bewirkt; nur einige dieser Zahlungen waren mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vereinbar (2.).
1. Der Kläger verlangt Erstattung unzulässiger Auszahlungen ab dem 21. März 2003 (Bl. 4 - 6 der Klageschrift). Zu diesem Zeitpunkt war die vom Beklagten geführte Gesellschaft entgegen der Auffassung des Landgerichts überschuldet.
a) Jedenfalls zum 22. August 2002 ist von einer Feststellung der Überschuldung im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbH auszugehen. An diesem Tag hat der Beklagte den Jahresabschluss für das Jahr 2001 unterzeichnet. Aus dieser Bilanz ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 392.548,47 DM. Eine bilanzielle Überschuldung lag also bereits zum 31. Dezember 2001 vor. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass sich die finanzielle Lage der Gesellschaft im Jahr 2002 verbessert hätte; im Gegenteil hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass sich auch im Jahr 2002 ein Verlust in Höhe von 120.605,82 EUR (= 235.884,48 DM) ergeben hat; in den ersten vier Monaten des Folgejahres 2003 ist ein weiterer Verlust in Höhe von 93.608,15 EUR (= 183.081,63 DM) eingetreten.
Für die im Rahmen des § 64 GmbHG maßgebliche Überschuldungsbilanz hat diese Handelsbilanz wenigstens indiziellen Charakter, sodass es entscheidend ist, ob diese Bilanz - vornehmlich im Hinblick auf stille Reserven - zu korrigieren ist. Dies ist vorliegend in rechtlich erheblichem Umfang nicht der Fall.
b) Mangels Grundeigentums der Gesellschaft könnten sich stille Reserven hinsichtlich des Anlagevermögens nur daraus ergeben, dass der Buchwert der Sachanlagen in Höhe von 53.157,00 DM niedriger als der tatsächliche Wert der Gegenstände war. Eine zu Gunsten des Beklagten vorgenommene Korrektur führt indes nicht dazu, dass der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag kompensiert würde. Dies gilt auch dann, wenn zu Gunsten des Beklagten, der sich auf eine positive Fortführungsprognose beruft, unterstellt wird, dass die Bewertung des Anlagevermögens zu Fortführungswerten zu erfolgen hat und insofern der Wert des Anlagevermögens korrigiert wird (aa). Die Berücksichtigung einer gegen den ehemaligen Mitarbeiter T. ... gerichteten Forderung führt ebenfalls nicht zu einem Ausgleich des Fehlbetrages (bb); auf die Frage der Abschreibung der gegen die F. ... KG gerichteten Forderung kommt ebenso wenig an, wie auf einen weiteren Forderungseinzug zugunsten der Masse (cc). Mit den Einwänden gegen die Passivierung des A...