Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 8 O 22/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. Januar 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Das Urteil des Landgerichts Stade ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf insgesamt 56.000 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Achtung darauf, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Ihm gehört eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden an, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte vertreiben.
Die Beklagte warb für ihre Produkte L., R. und La. wie folgt:
((Abbildungen))
Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte das Produkt L. als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung von Lippenherpes in den Verkehr bringt und dieses mit bestimmten vom Kläger angegriffenen Angaben bewirbt. Das Präparat L. weist keine pharmakologische Wirkung auf.
Ferner beanstandet der Kläger verschiedenen Werbeangaben der Beklagten für ihre Mittel R. und La.
Der Kläger hat vorgetragen, das Produkt L. sei nach der VO (EU) Nr. 609/2013, die seit dem 20. Juli 2016 gilt, nicht als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) verkehrsfähig. Es diene allenfalls als Ernährungsmaßnahme, sofern man von einem - veralteten - weiten Ernährungsbegriff ausgehe. Nach der heutigen Gesetzeslage diene es der medizinischen Behandlung der Grunderkrankung selbst und sei deshalb nicht für das Diätmanagement der Patienten bestimmt. Es solle keinen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf ausgleichen, sondern Nährstoffe zuführen, welche sich auf die bestehende Grunderkrankung im Sinne einer Symptomlinderung positiv auswirkten. Gemäß Art. 9 Abs. 1 VO (EU) Nr. 609/2013 müssten Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke so beschaffen sein, dass sie gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen und für diese Personen geeignet sind. Daran fehle es hier. Darüber hinaus verstoße das Inverkehrbringen des Mittels auch gegen das Irreführungsverbot.
Hinsichtlich des Produkts R. verwende die Beklagte in unzulässiger Weise krankheitsbezogene Angaben. Die Werbung spreche Frauen an, welche unter Wechseljahresbeschwerden litten, die bereits über das gewöhnliche Maß hinausgingen wie etwa solche mit psychischen Problemen. Darüber hinaus treffe sie diesbezüglich Aussagen, welche dem Präparat eine krankheitsvorbeugende Wirkung in Bezug auf ein Osteoporose-Risiko zusprächen. Die Werbung enthalte außerdem gesundheitsbezogene Aussagen, die nicht gemäß Art. 13 VO (EG) Nr. 1924/2006 [im Folgenden: HCVO] in die Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen und deshalb unzulässig seien.
Auch das Mittel La. bewerbe die Beklagte in unzulässiger Weise mit diversen gesundheitsbezogenen Angaben.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr
1. das Mittel L.
1.1. als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung von Lippenherpes in den Verkehr zu bringen,
1.2. wie folgt zu bewerben:
1.2.1. "Zur diätetischen Behandlung von Lippenherpes",
1.2.2. "L-L. hat einen positiven Effekt auf die Wundheilung ..."
und/oder
"...die körperliche Abwehr..."
und/oder
"...insbesondere fördert es die Fieberblasenheilung",
1.2.3. "Zink leistet einen Beitrag zur Inaktivierung des Herpes-simplex-Virus..."
und/oder
"... beschleunigt die Abheilung der Fieberblasen und vermindert die Ausbreitung der Bläschen durch Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte",
1.2.4. "Schon in der Antike war die antivirale, antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaft der Melisse bekannt. Der Melissenextrakt soll die Viren inaktivieren und das Eindringen der Viren in die Zellen verhindern", jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 3 wiedergegeben.
2. für das Mittel R. mit der Angabe zu werben:
2.1. "Unterstützt die Linderu...