Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch wegen unrichtig wiedergegebener Zitate
Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch gegen eine Tageszeitung auf Unterlassung unrichtig wiedergegebener Zitate.
Normenkette
BGB §§ 823, Abs. 1, 1004
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 6 O 2143/01) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsbeklagten zu 1) gegen das Teilurteil des LG Hannover vom 6.6.2001 wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsbeklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Festsetzung des Streitwerts für die erste Instanz wird dahin geändert, dass der Streitwert 40.000 DM beträgt.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin (im Folgenden Klägerin) ist Oberassistentin und Privatdozentin an der Universität X. Sie ist türkischer Abstammung. Im März 2001 fand an der Universität X. ein Symposium zum Thema „Von der schweren Last der Geschichte – Der Versuch eines armenisch-türkischen Dialogs” statt. Die Klägerin hielt einen Vortrag im Rahmen der Eröffnung der Veranstaltung.
Die Verfügungsbeklagte zu 1) (Beklagte zu 1)) verlegt eine türkische Tageszeitung … ‚ in der mehrere Artikel zu der Veranstaltung erschienen.
Die Klägerin hat im Wege der einstweiligen Verfügung von der Beklagten zu 1) sowie vom Leiter der Auslandsausgabe Unterlassung von Äußerungen verlangt, die in der …. Zeit vom 25.3. bis zum 25.4.2001 veröffentlicht wurden. Sie hat geltend gemacht, die beanstandeten Äußerungen seien unwahr und verletzten ihre Ehre und ihr Persönlichkeitsrecht.
Das LG hat über den gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach mündlicher Verhandlung durch ein Teilurteil entschieden. Es hat die Beklagte zu 1) hinsichtlich mehrerer der beanstandeten Äußerungen zur Unterlassung verurteilt und den weiter gehenden Antrag zurückgewiesen. Mit der Berufung will die Beklagte zu 1) die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Zurückweisung des gegen sie gerichteten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erreichen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
A. Das LG hat die einstweilige Verfügung mit Recht erlassen.
I. Verfügungsanspruch
Das LG hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf die Äußerungen, die noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, zutreffend bejaht (§ 1004 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1 BGB). Die Beklagte zu 1) hat die Äußerungen als Verlegerin zu vertreten (vgl. Löffler/Ricken, 4. Aufl., S. 382 m.N.).
1. Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1 Unterlassung der Äußerung verlangen, die Klägerin habe behauptet, dass, was die Nazis den Juden angetan hätten, sei auch den Armeniern in Anatolien angetan worden.
Derjenige, dessen Äußerungen unrichtig, verfälscht oder entstellt wiedergegeben werden, kann sich auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen, und zwar insbesondere dann, wenn die Wiedergabe in der Form eines Zitats erfolgt (BGH, WRP 1998, 509 [511]). So ist es hier. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass das in mehreren Ausgaben der o.g. Zeitung vom 25.3.2001 (Bl. 8 d.A.), vom 26.3.2001 (Bl. 11 d.A.), vom 29.3.2001 (Bl. 23 d.A.) und vom 13.4.2001 (Bl. 31 a d.A.) enthaltene, teilweise als wörtliche Rede wiedergegebene Zitat unwahr ist.
Die angebliche Äußerung ist in dem von der Klägerin vorgelegten Manuskript ihres Vortrags vom 23.4.2001 nicht enthalten. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr Vortrag am 23.4.2001 mit dem Manuskript identisch war. Ohne Erfolg behauptet die Beklagte zu 1), mehrere Personen hätten die Rede „komplett anders” als im vorgelegten Manuskript dargestellt. Aus den von Klägerin zu den Akten gegebenen und in der mündlichen Verhandlung vorgespielten Tonbändern ergibt sich, dass die Klägerin den Vortrag, mit Ausnahme ganz weniger im vorliegenden Zusammenhang nicht bedeutsamer Worte, exakt von dem Manuskript ablas. Anhaltspunkte für eine Manipulation der Tonbänder, welche auch die Beiträge der anderen Teilnehmer sowie Einwürfe und Beifall der Zuhörer wiedergeben, liegen nicht vor. Sie sind von der Beklagten zu 1) nach dem Abspielen der Bänder auch nicht mehr geltend gemacht worden. Die von der Beklagten zu 1) vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des … und des … entsprechen somit nicht den Tatsachen, soweit es dort heisst, die Klägerin sei aufgestanden und habe spontan gesprochen, soweit erkennbar habe sie die Rede nicht abgelesen; in die deutsche Sprache übersetzt habe die Rede u.a. ausgesagt, „Was die Nazis den Juden angetan haben, hat man den Armeniern angetan”.
Erstmals nach dem Vorspielen der Tonbänder behauptet die Beklagte zu 1), die Klägerin habe die Aussage nicht bei ihrer Rede sondern in einer Diskussion nach diesem Redebeitrag getan. Das ist unglaubhaft. Die Aussage des Zeugen Z. vor dem Senat vermag diese Behauptung nicht glaubhaft zu machen. Der Zeuge hat, in Kenntnis gesetzt über das Ergebnis der bis zu seiner Vernehmung erfolgten Beweisaufnahme (Abspielen der Tonbänder) auf die Frage, wann die beanstandeten Äußerungen bei der dreitägigen Veranstaltung gefallen seien, ausweichend ausgesagt. Zunä...