Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 20.12.2007; Aktenzeichen 4 O 57/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.06.2011; Aktenzeichen II ZR 186/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.12.2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, das Landgericht habe verkannt, dass nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlagen ausgeschlossen sei. Das Landgericht habe auch hinsichtlich der Höhe eines möglicherweise gegebenen Abfindungsguthabens den Sachvortrag der Beklagten nicht berücksichtigt. Zudem treffe den Kläger als Anspruchsberechtigten die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Anspruchs.

Die Beklagte beantragt,

das am 20. Dezember 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Verden abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, er könne nicht auf einen Abfindungsanspruch verwiesen werden. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft seien nicht anwendbar, weil dem Kläger - unabhängig von dem von ihm erklärten Widerruf - gleichzeitig ein Schadensersatzanspruch wegen fehlender Aufklärung über die Kapitalanlage und wegen unrichtiger Belehrung über das Widerrufsrecht zustehe. Im Übrigen macht er geltend, dass die Rechtsprechung zur fehlerhaften Gesellschaft gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 05.05.2008 beantragt er eine Aussetzung des Rechtsstreits.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist begründet; dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Einlagen zu, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens liegen (noch) nicht vor.

1. Rückzahlung der geleisteten Einlagen kann der Kläger nicht verlangen.

Er hat zwar seine beiden Beteiligungserklärungen wirksam widerrufen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Mai 2007). Auf den Widerruf einer Beitrittserklärung zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sind jedoch die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar, so dass kein Anspruch gegen die Gesellschaft auf Rückzahlung der Einlage besteht, sondern ein Anspruch auf Zahlung des Abfindungsguthabens (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Urteil vom 02.07.2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201; Urteil vom 21.07.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46; Urteil vom 18.10.2004 - II ZR 352/02, ZIP 2004, 2319, 2322 I. Sp.; Urteil vom 29.11.2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254; Urteil vom 18.04.2005 - II ZR 224/04, NJW-RR 2005, 1217).

Nichts anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts dadurch, dass sich der Kläger zugleich auf einen Schadensersatzanspruch wegen der unrichtigen Widerrufsbelehrung beruft. Einem solchen Schadensersatzanspruch, der sich (auch) auf die Rückzahlung der geleisteten Einlagen richten könnte, stehen nämlich ebenfalls die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft entgegen. Zwar hat der Kläger zutreffend darauf hingewiesen, dass von diesen Grundsätzen für diejenigen Fälle eine Ausnahme zu machen ist, in denen - bei der Beteiligung des Widerrufenden an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter - der Vertragspartner des stillen Gesellschafters verpflichtet ist, diesen im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2005 - II ZR 310/03, NJW 2005, 1784; Urteil vom 29.11.2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254; Urteil vom 26.09.2005 - II ZR 314/03, NJW-RR 2006, 178, 180). Um einen solchen Fall handelt es sich hier jedoch nicht. Der Kläger ist nicht stiller Gesellschafter und Vertragspartner (nur) des Unternehmers, er ist vielmehr mit den anderen Anlegern gesellschaftsrechtlich in der Beklagten verbunden. Für solche Fälle bleibt es bei den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft (BGH, Urteil vom 19.07.2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 r.Sp.: “Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitritt, um sein Vermögen anzulegen, kann bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Der einzelne Gesellschafter hat auf die Beitritt...

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