Leitsatz (amtlich)
Handschriftliche Zusätze (hier: Prozentsätze für Einbehalte), die in vorformulierte Vertragsmuster eingetragen werden, ändern jedenfalls dann nichts an der Einordnung der davon betroffenen Klausel als AGB, wenn sie auf den Vertragsinhalt und die gegenseitigen Pflichten keinen wesentlichen Einfluss haben (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 11.07.2019 - VII ZR 266/17).
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 14 O 188/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 14 O 188/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 92.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Zahlung aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft.
Die Beklagte hat diese Bürgschaft für die Fa. Fassadentechnik B. GmbH abgegeben. Zugrunde liegt ein Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin als Generalunternehmerin und der Fassadentechnik B. GmbH als Subunternehmerin, die im Rahmen der Errichtung eines Einkaufszentrums in Rheine Wand- und Fassadenarbeiten durchführen sollte. Diese Arbeiten waren nach dem Vortrag der Klägerin insgesamt mangelhaft und letztlich unbrauchbar. Für die Leistungen der B. GmbH übernahm die Beklagte eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der pauschal vereinbarten Auftragssumme von 920.000,00 EUR, d.h. über 92.000,00 EUR. Diese 92.000,00 EUR sind die Klageforderung. Die Vertragserfüllungsbürgschaft bezieht sich insbesondere auf "sämtliche Ansprüche zur Vertragserfüllung einschließlich Überzahlung (Rückzahlung)" (Anlage K3 im Anlagenband Klägerin).
In diesem Zusammenhang streiten die Parteien über die Wirksamkeit der Sicherungsabrede und die Auslegung folgender - hier nur auszugsweise wiedergegebenen - Klauseln aus dem Vertragswerk zwischen der Klägerin und der B. GmbH (Verhandlungsprotokoll Bauleistungen v. 10.8.2015, Anlage B1 im Anlagenband Beklagte, vereinbart gem. Ziff. 1 des Bauvertrags, Bl. 2 und 5 Anlage K1 AB Kl. - vorformulierter Text - die Prozentsätze sind handschriftlich eingetragen worden):
7. Zahlungsbedingungen
Ziff. 7.1 Abschlagszahlungen 90 % der erbrachten Nettoleistung
Einbehalte während Vertragserfüllung 10 % der Abschlagszahlungen bis maximal 10 % der Auftragssumme, ablösbar gegen Bürgschaft (Ziff. 14)
Schlusszahlung 95 % der geprüften Schlussrechnung nach Abnahme
Einbehalt während Gewährleistungszeit 5 % der Schlussrechnungssumme, ablösbar gegen Bürgschaft (Ziff. 14)
11.3 Die Abnahme der Leistung des AN erfolgt bei oder unverzüglich nach Abnahme der Gesamtleistung des AG durch den BH. ...
14. Sicherheiten
Mängelsicherheit i.H.v. 5 % der Schlussrechnungssumme, unbefristet
In den Vertragsbedingungen (vereinbart gem. Bl. 5 Anlage K1 AB Kl.) steht weiter (Anlage B2 im AB Bekl.):
16. Sicherheitsleistung
16.1. Der AN hat dem AG für die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung Sicherheit zu leisten. Werden keine abweichenden Vereinbarungen getroffen, gilt ein Bareinbehalt in Höhe von 10 % der Auftragssumme als vereinbart. ... Die Sicherheit ist dem AN nach Abnahme zurückzugeben/auszuzahlen, sofern nicht bei Abnahme festgestellte Mängel dem entgegenstehen.
16.2. Der AN hat dem AG eine Sicherheit in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme für Mängelansprüche bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zu leisten. ...
Die Klägerin legt ihrem Anspruch zugrunde, dass die Fa. B. ihre Leistungen nicht oder nur mangelhaft erbracht habe, eine Mangelbeseitigung sei erfolglos verlaufen bzw. gar nicht erst durchgeführt worden. Die Leistungen seien auch nicht abgenommen worden. Da die Kosten der Ersatzvornahme mit 134.501,00 EUR deutlich die mit der Bürgschaft gesicherte Summe überstiegen und zudem die Klägerin eine Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen könne, sei sie berechtigt, die Beklagte auf Zahlung aus der Vertragserfüllungsbürgschaft in voller Höhe in Anspruch zu nehmen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Sicherungsabreden seien insgesamt unwirksam, weil die Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft letztlich davon abhängig sei, ob der Bauherr gegenüber der Klägerin die Abnahme der Gesamtleistung erklärt habe. Hierauf habe jedoch die Beklagte bzw. der Subunternehmer, die Fa. B., für die die Beklagte die Sicherheit gestellt habe, keinen Einfluss. Das benachteilige die Fa. B. und damit letztlich die Beklagte, die sich auf dieselben Einreden berufen könne, die dem Subunternehmer bzw. der Fa. B. zuständen, unangemessen.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Wegen der Gründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufun...