Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei einem Stundenlohnvertrag für Bauarbeiten gem. §§ 631 ff. BGB trifft grundsätzlich den Werkunternehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Stunden im Rahmen einer wirtschaftlichen Betriebsführung erbracht wurden und einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwand an Arbeitszeit darstellen (Abweichung von BGH NJW 2000, 1107).
2. Die vorbehaltlose Unterschrift des Auftraggebers unter ihm vom Auftragnehmer vorgelegte Stundenzettel, die die ausgeführten Arbeiten nach Art und Umfang detailliert beschreiben, die angefallenen Stunden nach Datum und Person ausweisen sowie die verbrauchten Materialien im Einzelnen auflisten, hat eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Auftraggebers hinsichtlich der Erforderlichkeit der abgerechneten Stunden und Materialien auch dann zur Folge, wenn es sich nicht um einen VOB-, sondern um einen BGB-Werkvertrag handelt.
3. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu der in Nr. 2 aufgeworfenen Frage wird die Revision zugelassen.
4. Zu den Folgen der Überschreitung eines Kostenanschlags durch den Werkunternehmer gem. § 650 BGB.
Normenkette
BGB §§ 631-632, 650; VOB/B § 15
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 9 O 75/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.7.2001 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Verden wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von Werklohn.
Am 31.5.2002 wurde über das Vermögen der … Elektrotechnik GmbH (i.F.: Gemeinschuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 166 d.A.).
Die Beklagte beabsichtigte im Jahre 1999 in der Kantine der ehemaligen Bundeswehrkaserne in … eine gewerbliche Wäscherei einzurichten. Am 9.11.1999 erstellte die Gemeinschuldnerin hierzu ein Angebot über die Durchführung von Elektroarbeiten über 10.359,26 DM (Bl. 11 f. d.A.). Eine genaue Angabe des Inhalts und Umfangs der Arbeiten enthält das Angebot nicht. Die Materialien sind zum Nachweis nach ggf. anfallender Stückzahl aufgeführt. Unter Pos. 3 sind ferner angeführt „80 Std. ca., Monteurstunden für Umbau und Umverdrahtung der vorhandenen E-Anlage, Freischalten von Wände usw.” zum Preis von 64,50 DM netto pro Monteurstunde. Lediglich die Pos. 1 über 250 DM für das Prüfen der vorhandenen E-Hauptverteilung und Abklemmen der Leitungen für den neuen Netzbereich sowie die Pos. 2 über 3.520,40 DM für das Liefern und Montieren eines Wandler Messschrankes enthalten im Einzelnen bestimmte Leistungspositionen. Ansonsten ist unter „Gesamt”-Preis nur ausgewiesen: „E.P. eventual.”
Nach Auftragserteilung führte die Gemeinschuldnerin die Arbeiten im Zeitraum vom 12.11.1999–28.3.2000 durch, baute allerdings den Wandler Messschrank nicht ein. Demgegenüber war es ergänzend zu dem ursprünglichen Leistungsumfang jedenfalls erforderlich, zusätzliche Leitungen zur Herstellung einer Stromversorgung von dem ehemaligen Wachgebäude der Kaserne zu der Kantine/Wäscherei zu verlegen (Bl. 121, 159 d.A.). Die Gemeinschuldnerin rechnete ihre Arbeiten wie folgt ab:
– Rechnung vom 6.3.2000 über 6.914,79 DM (Bl. 13 d.A.)
– Rechnung vom 15.3.2000 über 5.663,87 DM (Bl. 25 f. d.A.)
– Rechnung vom 20.3.2000 über 5.053,71 DM (Bl. 21 ff. d.A.)
– Rechnung vom 11.4.2000 über 842,80 DM (Bl. 16 d.A.)
18.475,17 DM.
In den Rechnungen sind jeweils die Monteurstunden nach Stundenlohnzetteln sowie die verbrauchten Materialien aufgeführt. Der Rechnung vom 6.3.2000 lagen die Stundenzettel vom 12. und 17.11.1999, 25., 28. und 29.2.2000 sowie vom 1. und 2.3.2000 (Bl. 213–219 d.A.), der Rechnung vom 15.3.2000 die Stundenzettel vom 6., 7., 8. und 9.3.2000 (Bl. 27–30 d.A.), der Rechnung vom 20.3.2000 die Stundenzettel vom 10., 13., 14. (2 x), 15. und 16.3.2000 (Bl. 237–242 d.A.) sowie der Rechnung vom 11.4.2000 die Stundenzettel vom 23. und 28.3.2000 zugrunde (Bl. 220 f. d.A.).
Die als „Arbeitsauftrag” bezeichneten Stundenzettel weisen jeweils im Einzelnen die durchgeführten Arbeiten, die angefallenen Stunden nach Datum und Mitarbeiter sowie den Materialverbrauch aus. Als Rechnungsempfänger sind „…” oder „…” angegeben. Am Ende der Stundenzettel ist ferner unterhalb des Textes „Zeit und Materialverbrauch anerkannt” eine Unterschriftenzeile für den Auftraggeber vorgesehen. Mit Ausnahme der Stundenzettel vom 15.3.2000 (Bl. 241 d.A.) und 28.3.2000 (Bl. 220 d.A.) wurden alle von der Beklagten als Auftraggeberin vorbehaltlos unterschrieben.
Mit Schreiben vom 31.3.2000 mahnte die Gemeinschuldnerin die Zahlung der ersten drei Rechnungen bis zum 4.4.2000 an (Bl. 17 d.A.). Die Beklagte wies die Ansprüche mit Schreiben vom 17.4.200...