Leitsatz (amtlich)
Ist nicht sicher, ob ein Schaden am Transportgut im Obhutsbereich des Frachtführers eingetreten ist, muss dieser zu den von ihm getroffenen Sicherungsmaßnahmen zunächst nicht näher vortragen. Ob eine im Zusammenhang mit dem Schadensereignis vom Frachtführer vorgenommene Teilzahlung auf den Schaden ein sog. Zeugnis gegen sich selbst darstellt, ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
Normenkette
HGB § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 2, § 435
Verfahrensgang
AG Hannover (Urteil vom 22.06.2006; Aktenzeichen 541 C 309/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Hannover vom 22.6.2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht Zahlung von Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Transportschaden.
Die Klägerin ist Versicherer nach französischem Recht mit Hauptsitz in Paris. Versicherungsnehmerin der Klägerin ist u.a. die So. GmbH. Diese verkaufte an die Sa. AG am 27.8.2004 Medikamente im Gesamtwert von 10.289,87 EUR netto. Mit dem Transport der Medikamente von Hannover nach Mannheim beauftragte sie die Beklagte, welche ihrerseits den Transportunternehmer A. J. beauftragte (nachfolgend: der Streitverkündete). Die zu transportierenden Medikamente waren in Kartons verpackt, welche sich ihrerseits wieder in einem mit Folie verschweißten Umkarton auf einer Palette befanden.
Der Streitverkündete lieferte den äußerlich unversehrten Umkarton am 30.8.2004 an die Sa. AG aus. Beim Öffnen des Umkartons stellte diese fest, dass zwei der darin enthaltenen Kartons gestaucht waren und der Inhalt beschädigt war.
Die Klägerin regulierte den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin und zahlte einen Betrag i.H.v. 1.786,30 EUR. Nachdem die So. GmbH ihre etwaige Forderung aus dem Schadensfall an die Klägerin abgetreten hatte, forderte diese die Beklagte zur Zahlung des vorstehenden Betrags auf. Die Beklagte zahlte jedoch lediglich 61,75 EUR.
Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte zu einem pauschalierten Frachtsatz tätig geworden sei. Deshalb sei die Beklagte nicht als Spediteurin zu behandeln, sondern hafte wie ein Frachtführer. Der Schaden sei auch im Obhutsbereich der Beklagten entstanden. Hierfür hafte die Beklagte in vollem Umfang, denn die Schadensentstehung beruhe auf Leichtfertigkeit i.S. d. § 435 HGB.
Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Abtretung verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz. Die Klägerin habe darüber hinaus zur Vereinbarung einer Fixkostenspedition nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Der Schaden sei auch nicht im Obhutsbereich der Beklagten eingetreten. Darüber hinaus sei eine etwaige Haftung der Beklagten gem. § 431 Abs. 1 HGB aber auch auf den Gegenwert von 8,33 Sonderziehungsrechten je Kilogramm beschränkt. Die beiden Kartons hätten - was zwischen den Parteien unstreitig ist - ein Gewicht von 6,129 kg besessen. Bei einem Wert des Sonderziehungsrechts am Tag der Ablieferung von 1,20946 EUR ergebe sich damit ein Haftungshöchstbetrag von 61,75 EUR. Ein weiter gehender Anspruch scheide aus. Insoweit sei nicht ersichtlich, dass der Streitverkündete den Schaden vorsätzlich oder leichtfertig verursacht habe.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die Voraussetzungen einer unbeschränkten Haftung gem. § 435 HGB nicht ausreichend dargelegt. Außerdem habe die Klägerin die Behauptung unzureichender Verpackung nicht ausreichend substantiiert bestritten. Auf den weiteren Inhalt des Urteils wird Bezug genommen (Bl. 90-93 d.A.).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Der Schaden beruhe auf einem qualifizierten Verschulden des Streitverkündeten. Zwar könne die Klägerin dies nicht beweisen. Der Beklagten obliege allerdings die sekundäre Darlegungslast, welcher ihr bisheriger Vortrag nicht genüge. ...
II. Die Berufung ist zulässig. Das OLG ist zur Entscheidung über die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG zuständig.
Die Berufung ist allerdings unbegründet. Zutreffend hat das AG die Klage auf Zahlung von Schadensersatz abgewiesen.
1. Allerdings scheitert der geltend gemachte Anspruch nicht bereits an der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin. Die von der Versicherungsnehmerin vorgenommene Abtretung ihr zustehender Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte verstößt nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Ein Verstoß gegen
Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG setzt u.a. voraus, dass die Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen geschäftsmäßig besorgt wird. Um dem Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes gerecht zu werden, ist auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Ob eine eigene oder eine fremde Rechtsangelegenheit vorliegt, ist davon abhängig, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Besorgung der Angelegenheit liegt (vgl. BGH, TranspR 2006, 166 - 169). Wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Transportversicherer einen entstan...