Leitsatz (amtlich)
Die Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Werkunternehmers
a) "Der Bauherr ist verpflichtet, spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn dem Unternehmen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines in Deutschland zugelassenen Kreditinstituts in Höhe der nach dem vorliegenden Vertrag geschuldeten Gesamtvergütung (unter Berücksichtigung von aus Sonderwünschen resultierenden Mehr- oder Minderkosten) zur Absicherung aller sich aus dem vorliegenden Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn vorzulegen" sowie
b) "Kündigt der Bauherr den Vertrag, ohne dass das Unternehmen dies zu vertreten hat, stehen dem Unternehmen die in § 649 BGB geregelten Ansprüche zu. Statt der sich aus § 649 BGB ergebenden Ansprüche kann das Unternehmen als Ersatz für seine Aufwendungen und den entgangenen Gewinn einen Pauschalbetrag i.H.v. 15 % des Gesamtpreises gem. § 1 Abs. 2 geltend machen. Dieser pauschalierte Anspruch steht dem Unternehmer nicht zu, wenn der Bauherr nachweist, dass der nach § 649 BGB dem Unternehmer zustehende Betrag wesentlich niedriger als die Pauschale ist"
sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB (Klausel a) bzw. § 309 Nr. 5b BGB entsprechend (Klausel b) unwirksam.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 309 Nr. 5b, § 649
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.02.2008; Aktenzeichen 18 O 332/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Hannover vom 12.2.2008 abgeändert, soweit es den Ausspruch zu Ziff. I 6. seines Tenors betrifft.
In dem genannten Umfang wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Verfügungsklägers wird das genannte Urteil wie folgt abgeändert:
Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten untersagt, in Bezug auf Bauverträgen mit Verbrauchern folgende Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und sich bei bestehenden Verträgen darauf zu berufen:
"Kündigt der Bauherr den Vertrag, ohne dass das Unternehmen dies zu vertreten hat, stehen dem Unternehmen die in § 649 BGB geregelten Ansprüche zu. Statt der sich aus § 649 BGB ergebenden Ansprüche kann das Unternehmen als Ersatz für seine Aufwendungen und den entgangenen Gewinn einen Pauschalbetrag i.H.v. 15 % des Gesamtpreises gem. § 1 Abs. 2 geltend machen. Dieser pauschalierte Anspruch steht dem Unternehmen nicht zu, wenn der Bauherr nachweist, dass der nach § 649 BGB dem Unternehmen zustehende Betrag wesentlich niedriger als die Pauschale ist".
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungskläger 15 % und die Verfügungsbeklagte 85 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Von einer Darstellung des Sach- und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
B. Die Anschlussberufung hat in vollem Umfang, die Berufung lediglich zum Teil Erfolg.
I. Die Berufung ist zum überwiegenden Teil unbegründet. Dem Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) gem. § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung der in der Antragsschrift unter Ziffern I.1-5, 8 genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu. Die genannten Klauseln sind gemäß den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam.
1. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in § 1 Nr. 4 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Klausel (Antragsschrift: Ziff. I 1) gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
Unwirksam ist eine - wie vorliegend - sog. Schriftformklausel, wenn sie dazu dient, insbesondere nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen Grundsätzen unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.1995 - VIII ZR 93/94, NJW 1995, 1488; BGH, Versäumnisurteil v. 21.9.2005 - XII ZR 213/02, NJW 2006, 138). Wirksam sind dagegen sog. Vollständigkeitsklauseln, wenn sie lediglich die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde wiederholen (vgl. BGH, Urt. v. 14.10.1999 - III ZR 203/98, NJW 2000, 207; im Überblick: Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 305b Rz. 5).
Entgegen der Auffassung der Berufung handelt es sich bei der streitgegenständlichen Klausel (ersichtlich) nicht um eine Vollständigkeitsklausel in dem zuletzt genannten Sinn, vielmehr soll mit der Klausel gerade der Eindruck erweckt werden, dass mündlich getroffene Individualvereinbarungen unwirksam seien.
2. Zutreffend ist ferner die Auffassung des LG, dass der Änderungsvorbehalt in § 1 Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Antragsschrift: Ziff. I 2) gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist.
Nach § 308 Nr. 4 BGB ist in Allgemeinen Geschäft...