Leitsatz (amtlich)
Zur Behandlung des Familienzuschlages gem. § 40 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 BBesG bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts (Fortführung von OLG Celle v. 19.1.2005 - 15 UF 139/04, OLGReport Celle 2005, 90 = NJW 2005, 1516 = FamRZ 2005, 716).
Normenkette
BGB § 1578 Abs. 1 S. 1, § 1581; BBesG § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 49 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Hildesheim (Urteil vom 10.05.2005; Aktenzeichen 37 F 37228/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin und unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels wird das am 10.5.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Hildesheim wegen der Folgesache Ehegattenunterhalt (III. der Entscheidungsformel) geändert und neu gefasst.
Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt von insgesamt 10 EUR für die Zeit vom 26.8.2005 (Eintritt der Scheidungsrechtskraft) bis zum 31.8.2005, von monatlich 50 EUR für September 2005 bis November 2005, von 72 EUR für Dezember 2005 und von monatlich 180 EUR für die Zeit ab Januar 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Unterhaltsklage der Antragstellerin abgewiesen.
Es verbleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt die Antragstellerin 1/5, der Antragsgegner 4/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
II. Die Berufung der Antragstellerin ist zum Teil begründet
A. Unterhaltshöhe
1. Einkünfte der Antragstellerin
Die Antragstellerin erzielt nach den vorgelegten Verdienstabrechnungen ein durchschnittliches Erwerbseinkommen von monatlich rund 1.135 EUR netto.
Der zu ihren berufsbedingten Aufwendungen geführte Vortrag der Antragstellerin ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners nach Maßgabe der die allgemeinen Verspätungsvorschriften verdrängenden Regelung des § 621d ZPO nicht verspätet und deshalb zu berücksichtigen. Der Antragstellerin entstehen berufsbedingte Fahrtkosten von monatlich (220/12 × 60 × 0,30) 330 EUR. Dass die Antragstellerin zur Teilnahme an auswärtigen Betriebsversammlungen verpflichtet ist und sie dadurch zusätzliche Fahrtkosten in bestimmter, regelmäßig wiederkehrender Höhe hat, ergibt sich aus der vorgelegten Arbeitgeberbestätigung nicht. Nach der Beitragsquittung vom 22.4.2005 zahlt die Antragstellerin einen Gewerkschaftsbeitrag von monatlich rund (108,06/12) 9 EUR.
Die laut Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 17.11.2004 auf ein MobilitätshilfeDarlehen von 250 EUR ab Januar 2005 zu zahlende Rate von monatlich 25 EUR ist bis einschließlich Oktober 2005 zu berücksichtigen. Weiter sind nach Ablehnung des Antrages auf Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung gem. Widerspruchsbescheid des Bundesverwaltungsamts vom 8.7.2005 auf das Ausbildungsförderungsdarlehen zu zahlende Raten von monatlich 105 EUR vom Einkommen abzuziehen.
Darüber hinaus sind Beiträge von monatlich 11 EUR für eine private Rentenversicherung (SpardaProfiRente 4P, sog. RiesterRente) als das Einkommen mindernd einzustellen. Denn nach der neueren Rechtsprechung des BGH ist sowohl dem unterhaltsberechtigten als auch dem unterhaltspflichtigen Ehegatten grundsätzlich zuzubilligen, einen Betrag von bis zu 4 % seines jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres für eine über die primäre Altersversorgung hinaus betriebene zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen (BGH v. 11.5.2005 - XII ZR 211/02, MDR 2006, 210 = BGHReport 2005, 1534 m. Anm. Borth = NJW 2005, 3277 [3280 f.]).
Somit verbleiben Einkünfte von monatlich (1.135 - 330 - 9 - 25 - 105 - 11) 655 EUR für die Zeit bis Oktober 2005 und von monatlich (655 + 25) 680 EUR für die Zeit ab November 2005. Hinzu kommt die nach dem Einkommensteuerbescheid vom 11.7.2005 vereinnahmte Steuererstattung von monatlich rund (1.232,87/12) 103 EUR, sodass sich monatlich 758 EUR bzw. 783 EUR ergeben.
2. Einkünfte der Antragsgegners
a) Der Antragsgegner hat nach den vorgelegten Bezügemitteilungen bis einschließlich September 2005 nach abgabenbereinigtem Abzug der vermögenswirksamen Arbeitgeberleistung ein durchschnittliches Erwerbseinkommen von monatlich rund 1.985 EUR netto erzielt, einschließlich des Familienzuschlages der Stufe 1 von monatlich 100,24 EUR brutto. Dieser Zuschlag ist ausweislich der Bezügemitteilungen für die Zeit ab Oktober 2005 weggefallen; insoweit ergeben sich Einkünfte von monatlich rund 1.915 EUR, § 287 Abs. 2 ZPO.
b) Der Wegfall des Familienzuschlages beruht darauf, dass er nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG nur gewährt wird, wenn der geschiedene Beamte Ehegattenunterhalt in bestimmter Mindesthöhe zu zahlen hat (Kümmel/Pohl, Bundesbesoldungsrecht, § 40 BBesG Rz. 19 ff.; BVerwG v. 19.9.1991 - 2 C 28/90, ZBR 1992, 54); diese beläuft sich nach der gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch den Berichterstatter eingeholten telefonischen Auskunft des für den Antragsgegner zuständigen N.L. für Bezüge und Versorgung H. auf den Bruttobetrag des Familienzuschlages der Stufe 1, mithin auf derzeit monatlich 100,24 EUR. Ers...