Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung ausstehender Vergütung in Verbindung mit dem Internet-System-Vertrag
Normenkette
BGB § 631 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 23.02.2023; Aktenzeichen 13 O 40/22) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. Februar 2023 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 15. März 2024 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiese, das auch über die Kosten des Berufungsverfahren zu entscheiden hat.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 22.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Zahlung aufgrund eines Internet-System-Vertrags, die Beklagte widerklagend Rückzahlung bereits geleisteter Vergütung sowie Feststellung, dass der Klägerin keine Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Vertrag zustehen.
Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. Februar 2023, insbesondere die Wiedergabe des Parteivortrages und die gestellten Anträge Bezug genommen (Bl. 586-591 d.A.).
Die Beklagte hat die Klägerin nach mehrfacher Korrespondenz per E-Mail aufgrund behaupteter Mängel der erstellten Webseite, insbesondere deren Nichterreichbarkeit seit dem 15. Oktober 2020, mit E-Mail vom 27. Oktober 2020 eine Frist zur Behebung der Mängel bis zum 30. Oktober 2020 gesetzt. Mit weiteren E-Mails unter anderem vom 11. November 2020 hat die Beklagte die Klägerin zur Erstellung datenschutzkonformer Cookie-Hinweise aufgefordert und hierzu eine Frist bis zum 30. November 2020 gesetzt. Die Klägerin teilte mit E-Mail vom 20. November 2020 mit, sie habe den Cookie-Banner wie gewünscht angepasst. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Juli 2021 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, die außerordentliche Kündigung und den Rücktritt vom Vertrag sowie hilfsweise die Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen, wobei sie sich den Ausspruch einer Kündigung nach § 648 BGB ausdrücklich vorbehalten hat. Die Beklagte hat die Anfechtungs- und Rücktrittserklärungen mit der Klagerwiderung vom 10. Dezember 2021 wiederholt und zudem die Kündigung des Vertragsverhältnisses erklärt.
Mit Urteil vom 23. Februar 2023 hat der Einzelrichter der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zu Zahlung an die Beklagte in Höhe von 1.619,36 EUR nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis keine Zahlungsansprüche zustehen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Internet-System-Vertrag sei als Werkvertrag zu qualifizieren, es fehle jedoch an einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung. Die Vertragsurkunde vom 7. August 2020 enthalte keine Einigung über alle wesentlichen Vertragsbestandteile. Die Angaben zu der klägerseitig zu erbringenden Werkleistung ("Internetauftritt", "Suchmaschinenoptimierung") seien ohne das ergänzende Leistungsverzeichnis, dessen Übergabe und Einbeziehung die Klägerin nicht habe beweisen können, nicht hinreichend konkret, der geschuldete Erfolg sei nicht bestimmbar. Die in dem Vertrag enthaltene formularmäßige Bestätigung der Überhabe der Leistungsbeschreibung begründe eine nach §§ 307 Abs. 1, 310 Abs. 1 BGB unzulässige Beweislastverschiebung und sei daher unbeachtlich.
Der Anspruch auf Rückzahlung der mangels wirksamen Werkvertrags zu Unrecht vom Konto der Beklagten eingezogenen Beträge folge aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB. Aus der Feststellungsantrag hinsichtlich der nicht vom klägerischen Zahlungsantrag umfassten Monatsraten sei demzufolge begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 591 - 597 d.A.).
Gegen dieses ihr am 2. März 2023 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. März 2023, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 2. Juni 2023 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 2. Juni 2023, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag, begründet.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung eine Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und die Widerklage abgewiesen wird. Sie rügt eine rechtsfehlerhafte Entscheidung. Unzutreffend habe das Erstgericht die Auffassung vertreten, ein wirksamer Vertrag hätte lediglich bei nachgewiesener Übergabe der Leistungsbeschreibung zustande kommen können, hiermit habe das Gericht rechtsfehlerhaft individuelle Vertragsdetails auf die Ebene der essentialia ne...