Leitsatz (amtlich)
Es verstößt nicht gegen § 1 GWB, wenn Sortenschutzberechtigte eine Vereinigung damit beauftragen, für sie die beim Nachbau von geschützten Sorten entstehenden Gebühren geltend zu machen.
Normenkette
GWB § 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 05.02.2002; Aktenzeichen 18 O 1947/01–97 Kart.) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 18. Zivilkammer (Kartellkammer) des LG Hannover vom 5.2.2002 abgeändert.
Der Vollstreckungsbescheid des AG Euskirchen vom 28.6.2000 – Geschäftsnummer 00-3070501-0-2 – bleibt aufrechterhalten.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert und Beschwer: 347,16 Euro.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Nachbaugebühren wegen des vom Beklagten in der Vegetationsperiode 1997/98 durchgeführten Nachbaus sortengeschützter Pflanzen.
Die Klägerin ist eine Vereinigung von Sortenschutzinhabern. Sie ist von den Sortenschutzinhabern der Sorten, die der Beklagte nachgebaut hat, mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragt worden; sie ist ermächtigt, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Das tut sie gegen ein Entgelt.
Die Sortenschutzinhaber, die die Klägerin in dieser Weise ermächtigt haben, sind entweder Gesellschafter der Klägerin oder aber Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V., der seinerseits Gesellschafter der Klägerin ist.
Diese hat mit dem Deutschen Bauernverband e.V. ein so genanntes Kooperationsabkommen geschlossen, nach dessen Bestimmungen die Nachbaugebühren berechnet werden können. Von dieser Möglichkeit machen ca. 96 % aller Landwirte, die Nachbau betreiben, Gebrauch. Die nach den Bestimmungen des SortSchG bzw. der GemSortVO eröffneten weiteren Möglichkeiten zur Zahlung der Nachbaugebühren werden praktisch nicht in Anspruch genommen.
Auf der Basis dieses Kooperationsabkommens hat der Beklagte mit den Sortenschutzinhabern der von ihm 1997/98 nachgebauten Sorten „Nachbauvereinbarungen” geschlossen, wobei die Sortenschutzinhaber durch die Klägerin vertreten wurden. Danach werden die Nachbaugebühren auf Grund einer Auskunft des Beklagten über bereits erfolgten Nachbau abgerechnet und bezahlt. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen (Bl. 19 d.A.). Danach sind die von der Klägerin geltend gemachten Nachbaugebühren zutreffend berechnet.
Mit dem Vordruck über die Nachbauerklärung für den Anbau zur Ernte 1997/98 übersandte die Klägerin dem Beklagten einen „Ratgeber zur Nachbauerklärung.” Darin heißt es unter 4.:
„Verzichten Sie auf die Vorzüge des Kooperationsabkommens, so werden Sie für Ihren gesamten Betrieb ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben des Sortenschutzgesetzes (SortG) sowie der EG-Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz veranlagt. …
Der gesamte Bogen ist vollständig auszufüllen.
Entscheiden Sie sich für die Veranlagung nach den gesetzlichen Regelungen, haben Sie zusätzliche Angaben betreffend ihrer Aufbereitung zu machen.
Zu veranlagende Nachbaugebühren sind in ihrer Höhe unabhängig von Ihrem betriebsspezifischen Saat- und Pflanzgutwechsel. Sie betragen 80 % der Z-Lizenzgebühr.
Die Veranlagung nach den gesetzlichen Regelungen sieht selbst bei einem hohen Saat- und Pflanzgutwechsel keine Rabattausschüttung vor.”
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt, die Rechte der Sortenschutzinhaber im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend zu machen.
Unter dem 28.6.2000 hat das AG Euskirchen – nach diversen außergerichtlichen Mahnschreiben der Klägerin – einen Vollstreckungsbescheid über 678,99 DM erlassen. Hiergegen hat der Beklagte Einspruch eingelegt.
Die Klägerin hat beantragt, den Vollstreckungsbescheid des AG Euskirchen vom 28.6.2000 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat beantragt, den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert; ihr Vorgehen verstoße gegen § 1 GWB a.F. Darüber hinaus habe die Klägerin ihn über die Höhe der Gebühren im Falle einer gesetzlichen Veranlagung getäuscht. In den gesetzlichen Vorschriften seien nämlich nicht – wie die Klägerin in ihrem Ratgeber vorgebe – 80 % der Z-Lizenzgebühren als Nachbaugebühr festgesetzt. Weiter sei die Nachbauvereinbarung gem. § 138 BGB sittenwidrig; sie sei wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 9 AGBG a.F. unwirksam. Schließlich sei die Geschäftsgrundlage für den Vertrag weggefallen; der Beklagte hat im laufenden Rechtsstreit die Kündigung der Verträge mit den Sortenschutzinhabern erklärt.
Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Klägerin fehle die Prozessführungsbefugnis, weil die Vereinbarung, mit der die Sortenschutzi...