Leitsatz (amtlich)
1. Gegen eine unstreitige Forderung des Transportunternehmers auf Frachtlohn kann der beklagte Versender vermeintliche Gegenansprüche wegen nicht getauschter Paletten weder im Wege der Aufrechnung noch des Zurückbehaltungsrechts mit Erfolg geltend machen, wenn er seine Gegenansprüche darauf stützt, der Transportunternehmer habe die Paletten bei den Abnehmern nicht vertragsgemäß getauscht, aber keine wirksame Abrede zwischen Transportunternehmer und Versender bestand, die dem Transportunternehmer die Pflicht zum Palettentausch und das Tauschrisiko übertrug.
2. Fehlt eine wirksame Vereinbarung, die Tauschpflicht und Tauschrisiko dem Transportunternehmer überträgt, können Herausgabeansprüche nur auf den Besitz des Beklagten an den Paletten gegründet werden; ein Palettendarlehen ist im Regelfall zu verneinen.
Normenkette
HGB § 407 ff.; BGB § 607 ff.
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Aktenzeichen 3 O 71/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 22.3.2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.319,27 Euro (= 24.094,40 DM) nebst 8 % Zinsen seit dem 26.4.2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Beklagten übersteigt nicht 20.000 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht, das sie von einem Fuhrunternehmen erworben hat, von der Beklagten, der Versenderin von auf Paletten gepackten Getränken, unstreitigen Fuhrlohn i.H.v. 12.319,27 Euro. Im Streit steht in der Berufungsinstanz allein noch, ob die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht hat, weil die inzwischen in Insolvenz geratene Rechtsvorgängerin der Klägerin 121 Euro-Paletten und 1.216 Düsseldorfer-Paletten nicht an sie zurückgegeben hat.
Das LG hat ein derartiges Zurückbehaltungsrecht bejaht, die von der Beklagten in erster Linie gewünschte Aufrechnung mit einem Gegenwert von 20 DM pro Palette, was dazu führen würde, dass die Klagforderung erloschen wäre, jedoch verneint.
Zu diesem Ergebnis ist das LG aufgrund der Auslegung einer schriftlichen Vereinbarung der Parteien vom 1.7.1999 gelangt, in der es heißt:
„– Euro-Paletten tausch Zug um Zug
– Wenn Euro-Paletten nicht getauscht werden, erstellen wir monatlich eine Rechnung (pro Palette 20 DM)” (GA 121)
Zwischen den Parteien, die von Sommer 1999 bis März 2000 zusammen arbeiteten, ist so jedoch unstreitig nicht verfahren worden. Eine monatliche Rechnung wegen der Paletten wurde nicht erstellt. Vielmehr wurde ein laufendes Palettenkonto geführt, hinsichtlich dessen die Beklagte in der Berufungsinstanz einige Abrechnungen vorgelegt hat. Aufgrund des vorzitierten Schriftstückes und der Vernehmung dreier Zeugen ist das LG zu der Überzeugung gelangt, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin unverzüglich nach Ausführung einer jeden Fuhre verpflichtet war, Paletten in der zuvor geladenen Anzahl zurückzugeben.
Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung. Der Senat hat zunächst erwogen, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verwerfen, wobei er davon ausgegangen war, dass die Geltendmachung der Forderung durch die Klägerin so kurzzeitig vor Insolvenz der ursprünglichen Forderungsinhaberin erfolgte, dass die Beklagte keine Möglichkeit mehr hatte, etwaige Gegenansprüche, soweit sie berechtigt waren, durchzusetzen. Dieser Argumentation ist die Klägerin durch Vorlage ergänzender Unterlagen entgegen getreten.
Die Klägerin meint, der Anspruch auf Rückgabe der Paletten der Beklagten sei entgegen dem landgerichtlichen Urteil nicht sofort fällig gewesen, sondern es sei vielmehr von einem Palettendarlehen auszugehen, welches erst habe gekündigt werden müssen. Eine solche Kündigung sei frühestens mit der Inrechnungstellung vom 17.4.2000 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte aber Kenntnis von der Abtretung der Forderungen an die Klägerin gehabt, so dass sie nicht mehr mit Forderungen, die sich gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin richteten, habe aufrechnen können und diese auch nicht mehr im Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Ansprüchen der Klägerin stünden, so dass auch ein Zurückbehaltungsrecht scheitere.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Bückeburg vom 22.3.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.319,27 Euro nebst 8 % Zinsen seit dem 26.4.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Auch die Beklagte erweitert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte legt in zweiter Instanz eine schriftliche Vereinbarung der Parteien vom 1.9.1999 als Anlage 6 zum Schriftsatz zum 2.12.2002 vor. Sie meint, die Gegenansprüche der Beklagten wegen der Paletten ließen sich, weil es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten handele, zwar nicht auf die Vereinbarung vom 1.7.1999 stützen, wohl aber auf die nunmehr vorgelegte Vereinbarung vom 1.9.1999.
Wegen des...