Normenkette
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 20 O 1851/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 25.3.2002 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Hannover abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen 34.952,25 Euro (68.360,66 DM), nebst 1 % Zinsen über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank (bzw. ab dem 1.1.2002 dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank) ab dem 6.2.1997 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen begehren von der Beklagten Zahlung restlichen Werklohnes für die Errichtung eines Streckenabschnittes der Autobahn 2 (Nordverbreiterung der Richtungsfahrbahn H. Kilometer 155 + 500 bis 161 + 300). Wegen der Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf die in einem gesonderten Anlagenband befindlichen Vertragsunterlagen Bezug genommen. Im Übrigen wird zur näheren Sachdarstellung auf das Urteil des LG vom 25.3.2002 verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte nach den mitvereinbarten „Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt, ZTV-Asphalt-StB 94” (im Folgenden: ZTV-Asphalt) berechtigterweise Abzüge wegen der Unebenheit der Fahrbahndecke, nicht vertragsgemäßem Mischgut und nicht ausreichender Verdichtung vorgenommen habe. Die Beklagte habe ihre entspr. Erkenntnisse in dem durch die ZTV-Asphalt vorgeschriebenen Verfahren gewonnen. Soweit die Klägerinnen eine Schiedsuntersuchung verlangt hätten, hätten sie ihrerseits nicht die von der ZTV geforderten „berechtigten Zweifel an der sachgerechten Durchführung der Kontrollprüfungen” der Beklagten dargelegt, weshalb die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, einer solchen Schiedsuntersuchung zuzustimmen. Auf die Erheblichkeit des Mangels angesichts der nur kurzen Nutzungsdauer der Fahrbahn käme es nach der ZTV-Asphalt nicht an.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerinnen. Ihre Werkleistung sei nicht mängelbehaftet i.S.d. (unstreitig vereinbarten) VOB/B, weil schon angesichts der kurzen Nutzungsdauer der Fahrbahn deren Gebrauchstauglichkeit nicht beeinträchtigt gewesen sei. Soweit sich aus deren Bestimmungen etwas anderes ergebe, verstieße die ZTV-Asphalt gegen § 9 AGBG. Im Übrigen liege ein Mangel der Werkleistung der Klägerinnen nicht vor, zumal die Beklagte angesichts des mittlerweile ohnehin erfolgten Ausbaus der Fahrbahndecke nichts Gegenteiliges beweisen könne.
Die Klägerinnen verfolgen mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insbesondere sei die ZTV-Asphalt nicht etwa unwirksam.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die Berufung erweist sich als begründet. Die Klägerinnen können von der Beklagten restliche Zahlung in der beantragten Höhe verlangen, weil die Beklagte nicht berechtigt ist, von dem Werklohnanspruch der Klägerinnen Abzüge nach Ziff. 1.7.4 ZTV-Asphalt vorzunehmen, die sie in der streitgegenständlichen Höhe berechnet hat.
Die Vorschrift der Ziff. 1.7.4 ZTV-Asphalt ist unwirksam, weil sie gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 des damaligen AGBG verstößt. Zumindest in Fällen wie dem vorliegenden werden die Klägerinnen als Werkunternehmerinnen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, weil die genannte Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Bei den ZTV-Asphalt handelt es sich, was von keiner Seite in Zweifel gezogen wird, um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 1 AGBG. Sie müssen sich, auch ggü. den Klägerinnen als Unternehmerinnen, im Rahmen des § 24 AGBG an der Vorschrift des § 9 AGBG messen lassen. Die Klausel der Ziff. 1.7.4 ZTV-Asphalt hält einer Inhaltskontrolle gem. § 9 AGBG nicht stand. Sie dehnt die Rechte der Beklagten als Auftraggeberin zu Lasten der Klägerinnen als Auftragnehmerinnen unangemessen aus.
Die Beklagte als Verwenderin dieser Klausel würde durch diese in die Lage versetzt, Mängelgewährleistungsansprüche ohne Rücksicht auf das im Werkvertragsrecht an zentraler Stelle vorgesehene Recht des Unternehmers auf Nachbesserung durchzusetzen. Sinn und Zweck der genannten Klausel ist entgegen der Auffassung der Beklagten die Erleichterung der Durchsetzung von Mängelgewährleistungsansprüchen, nicht hingegen die Vereinbarung einer Vertragsstrafe. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung (Abzüge wegen Nichteinhalte...