Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 18.01.2017; Aktenzeichen 5 O 181/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Januar 2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stade teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.630,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. August 2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 95 %, die Beklagte zu 5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um materiellen Schadensersatz aufgrund eines Unfallereignisses vom 27. März 2015.

Wegen der Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Landgerichtes Stade vom 18. Januar 2017 (Bl. 105 ff. d. A.) Bezug genommen. Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht der Klage überwiegend stattgegeben und sie lediglich zu einem geringfügigen Teil abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die vollständige Klagabweisung erstrebt. Sie rügt, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft ihr Vorbringen unbeachtet gelassen, mit dem sie sowohl den Wiederbeschaffungs als auch den Restwert des klägerischen PKW bestritten habe. Die Feststellungen des von ihr insoweit beauftragten Privatsachverständigen der D. seien zutreffend. Unter Zugrundelegung dieser Werte ergebe sich bereits ein Überschreiten der 130 %-Grenze, selbst wenn man die Ausführungen des Sachverständigen des Klägers R. zugrunde lege.

Der Kläger habe auf der Grundlage der beiden Gutachten seines Privatsachverständigen vom 10. April und 6. Mai 2015 die Reparatur seines PKW nicht in Auftrag geben dürfen, da bereits zu diesem Zeitpunkt für ihn erkennbar gewesen sei, dass die Reparaturkosten die 130 %-Grenze überschreiten würden. Der Sachverständige R. habe nämlich in beiden Gutachten keine Reparaturfreigabe erteilt und zusätzlich darauf hingewiesen, die Instandsetzungskosten seien nur überschlägig bestimmt worden, da die Erstellung einer detaillierten Kalkulation aufgrund des großen Schadensumfangs nicht sinnvoll erscheine. Das Fahrzeug sei so erheblich beschädigt, dass die Kosten einer Instandsetzung den Fahrzeugwert bei weitem überstiegen. Aus diesem Grund sei keine detaillierte Reparaturkosten-Kalkulation erstellt worden.

Hinzugekommen sei noch, dass auch der Sachverständige R. in seinem Ergänzungsgutachten vom 6. Mai 2015 auf mehrere Punkte hingewiesen habe, hinsichtlich derer er nicht abschließend geklärt habe, ob eine Reparatur erforderlich sei. Die Kosten allein hierfür hätten sich auf 1.222,67 EUR brutto (nur Material) belaufen.

Wenn diese Kosten den übrigen Werten aus dem Ergänzungsgutachten hinzugerechnet würden, hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt eine Überschreitung der 130 %-Grenze ergeben.

Sie macht - ebenso wie in erster Instanz - zudem geltend, es sei keine vollständige und fachgerechte Reparatur im Umfang der Gutachten des Sachverständigen R. und nach den Vorgaben dieser Gutachten erfolgt. Dies ergebe sich zwanglos aus der Aussage des Zeugen H.

Sie meint darüber hinaus, die Klage sei teilweise bereits unschlüssig, weil der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt sei. Die Kosten für die Erstellung der Sachverständigengutachten habe das Landgericht dem Kläger nicht zusprechen dürfen, da die Gutachten gänzlich unbrauchbar gewesen seien. Schließlich wendet sie sich gegen die Dauer und Höhe der Nutzungsausfallentschädigung.

Da dem Kläger ein weitergehender Ersatzanspruch als von ihr erfüllt nicht zustehe, könne er auch weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht erstattet verlangen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und wiederholt und vertieft hierzu sein erstinstanzliches Vorbringen. Er verweist insbesondere darauf, er habe auf die beiden Gutachten des Sachverständigen R. vertrauen dürfen. Das Prognoserisiko gehe zulasten des Schädigers, also der Beklagten.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist ganz überwiegend begründet. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

1. Der Kläger kann keinen Ersatz der im Ergebnis weit über 130 % des Wiederbeschaffungswertes liegenden Reparaturkosten verlangen.

a) Objektiv ist durch die vom Kläger geltend gemachten Rep...

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