Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß: Überschreitung des Grenzwerts des Quecksilbergehalts bei Energiesparlampen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG und der seit dem 9.5.2013 geltenden §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 ElektroStoffV stellen Marktverhaltensregeln i. S. von § 4 Nr. 11 UWG dar.
2. Das Verbot des Inverkehrbringens von den Grenzwert für Quecksilber überschreitenden Energiesparleuchten folgt nicht aus § 5 Abs. 2 ElektroG und § 3 Abs. 3 ElektroStoffV jeweils i.V. mit Anhang III der Richtlinie 2011/65/EU (RoHS-Richtlinie).
3. Das in flüssiger oder fester Form in die Energiesparlampen eingebrachte Quecksilber ist als homogener Werkstoff i.S. von § 2 Nr. 19 ElektroStoffV bzw. Art. 3 Nr. 20 der Richtlinie 2011/65/EU anzusehen.
Normenkette
ElektroG § 5 Abs. 1-2; ElektroStoffV § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; UWG § 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 13.12.2012; Aktenzeichen 8 O 112/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.12.2012 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Stade teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an dem jeweils verantwortlichen Vorstand, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einseitig gesockelte Kompakt-Leuchtstofflampen mit einer Leistung von bis zu 30 Watt mit einer Menge von mehr als 5 mg Quecksilber je Brennstelle in Verkehr zu bringen, soweit das in flüssiger oder fester Form in die Leuchtstofflampen eingebrachte Quecksilber oder die Quecksilber-Amalgam-Verbindung (homogener Werkstoff) mehr als 0,1 Gewichtsprozent Quecksilber enthält.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 30.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger, ein nach dem Wettbewerbsrecht klagefähiger Umwelt- und Verbraucherschutzverband, macht gegenüber der Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend, die sich insbesondere auf die Unterlassung des Verkaufs von einseitig gesockelten Kompakt-Leuchtstofflampen mit einer Menge von mehr als 5 mg Quecksilber je Lampe richten.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den vom Prüflabor W. GmbH geprüften Energiesparlampen um solche handele, die die Beklagte herstellen und vertreiben lasse. In den Prüfberichten seien die geprüften Energiesparlampen mit ihrer Seriennummer konkret bezeichnet und auch fotografisch abgebildet. Die Beklagte habe insoweit nicht behauptet, dass es sich bei den geprüften Lampen um Fälschungen handele. Soweit die Beklagte pauschal die Untersuchungsergebnisse der W. GmbH angreife, reiche dies nicht aus, da es sich bei dem Prüflabor um ein nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiertes Prüflaboratorium handele.
Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die W. GmbH entgegen dem mit Entscheidung der EU-Kommission vom 9.9.2002 (2002/747/EG) vorgeschriebenen Prüfverfahren keine Prüfung von insgesamt zehn Lampen aus einer Serie durchgeführt habe. Denn nach § 5 Abs. 2 ElektroG sei es bereits verboten, auch nur eine einzige Lampe mit einem zu hohen Quecksilbergehalt in Verkehr zu bringen. Bei § 5 Abs. 2 ElektroG handele es sich auch um eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die verbraucherschützende Wirkung habe.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Das LG habe verkannt, dass sie bestritten habe, die von der W. GmbH geprüften Energiesparlampen vertrieben zu haben. Ihr Bestreiten sei auch zulässig gewesen, da sie weder den Beschaffungsweg der angeblich untersuchten Leuchtmittel kenne noch bei der behaupteten Untersuchung zugegen gewesen sei. Insoweit könne es zu Verwechslungen oder Vertauschungen gekommen sein. Sie habe zudem die ermittelten Quecksilber-Gehalte bestritten. Im Übrigen fehle es an der Wiederholungsgefahr, da § 5 ElektroG zwischenzeitlich aufgehoben worden sei.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 13.12.2012 verkündeten Urteils des LG Stade, Az.: 8 O 112/12, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass es in dem Klageant...