Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Bürgen für die Kosten eines Anfechtungsprozesses, kein Verjährungsbeginn des Anspruchs aus der Bürgschaft bei vorläufig vollstreckbarem Kostenfestsetzungsbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Verteidigt sich der Gläubiger erfolgreich gegen eine Anfechtungsklage, deren Ziel es ist, einen zur Befriedigung der Hauptschuld gezahlten Betrag wieder herauszuverlangen, kann er die ihm entstandenen Prozesskosten gem. § 767 Abs. 2 BGB vom Bürgen erstattet verlangen.

Die Verjährung der Bürgenschuld beginnt nicht schon mit Erlass eines vorläufig vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschluss zu laufen, sondern erst mit rechtskräftigem Abschluss des Vorprozesses.

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1, §§ 765, 767 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 28.06.2007; Aktenzeichen 4 O 40/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.03.2009; Aktenzeichen XI ZR 41/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.6.2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Verden (4 O 40/07) abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner dazu verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 33.717,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.4.2002 auf einen Betrag von 12.552,93 EUR, auf weitere 5.057,60 EUR seit dem 26.9.2005 sowie 4 % Zinsen seit dem 24.11.1998 auf weitere 31.502,67 DM (16.197,06 EUR) zu zahlen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus verschiedenen Bürgschaften auf Erstattung der ihr im Zusammenhang mit einem Anfechtungsprozess entstandenen Prozesskosten in Anspruch.

Die Klägerin war die Hausbank der später in Konkurs gefallenen P. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin) in H., deren Geschäftsführer die Beklagten waren. Zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen aus der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin verbürgten sich die Beklagten zu 1 und 2, indem sie am 23.6.1994 eine Erklärung über eine gemeinsame selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft über 100.000 DM (Anlage K 1, Bl. 7 d.A.) abgaben.

Im Mai 1995 gab es auf dem angemieteten Betriebsgrundstück der Hauptschuldnerin ein Großfeuer, aufgrund dessen deren Geschäftsbetrieb schließlich zum Erliegen kam. In der Folge des Brandes trat die Hauptschuldnerin der Klägerin Ende Juli 1995 ihre Ansprüche aus der Brandschadensversicherung ab. Da die Hauptschuldnerin zunächst beabsichtigt hatte, mit Hilfe der (die Ansprüche der Klägerin übersteigenden) Versicherungsleistung den Geschäftsbetrieb weiterzuführen, gewährte die Klägerin ihr weiteren Kredit, den sie mit Schreiben vom 4.8.1995 förmlich einräumte. Bereits unter dem 2.8.1995 hatten sich die beiden Beklagten - jeder für sich - über weitere 200.000 DM verbürgt (wiederum im Wege der Höchstbetragsbürgschaft und wiederum für die gesamte Geschäftsverbindung der Hauptschuldnerin, vgl. Anlagen K 2 und K 3, Bl. 8 und 9 d.A.).

In der Folgezeit vereinnahmte die Klägerin aus der ihr abgetretenen Brandschadensversicherung einen Betrag i.H.v. 1.145.883,93 DM, woraus sie sich wegen ihrer Darlehensforderung gegen die Hauptschuldnerin in voller Höhe (597.387,57 DM) befriedigte. Mit dem überschießenden Betrag wurden weitere Schulden der Hauptschuldnerin beglichen. Am 24.10.1995 wurde das Sequestrationsverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin eröffnet, dies nahm die Klägerin zum Anlass, um am 13.11.1995 die Geschäftsverbindung zu der Hauptschuldnerin zu kündigen. Am 14.2.1996 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin eröffnet. Wegen der vereinnahmten Versicherungssumme führte der Konkursverwalter der Hauptschuldnerin im Folgenden erfolglos ein Konkursanfechtungsverfahren gegen die Klägerin. Er unterlag, weil er letztlich eine Kenntnis der (jetzigen) Klägerin von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Hauptschuldnerin - und insoweit insbesondere die Gewährung einer inkongruenten Deckung - und damit einen Anfechtungsgrund gem. § 31 Nr. 1 KO nicht beweisen konnte. Die durch den Anfechtungsprozess entstandenen Kosten setzte das LG Verden insgesamt mit 33.717,59 EUR - der Klagesumme - fest (Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 21.1.1999 über 31.502,64 DM, Anlage K 4, Bl. 10 d.A., vom 13.12.2005 über 5.057,60 EUR, Anlage K 5, Bl. 11 d.A., und vom 6.9.2005 über 12.552,93 EUR, Anlage K 6, Bl. 12 d.A.).

Da der Konkursverwalter der Hauptschuldnerin Masseunzulänglichkeit anzeigte, konnte die Klägerin ihre Kosten nicht von ihrem Prozessgegner im Vorprozess (LG Verden, Az. 4 O 272/96) erlangen.

Sie nimmt deshalb die Beklagten aus den oben genannten Bürgsc...

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