Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Quotenvorrecht eines Sozialversicherungsträgers gegenüber einem anderen

 

Leitsatz (amtlich)

Zwischen Sozialversicherungsträgern untereinander gibt es kein sog. Quotenvorrecht, weil es im Verhältnis zweier Sozialversicherungsträger untereinander gerade an solchen Umständen fehlt, die im Verhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Geschädigtem ein Quotenvorrecht rechtfertigen.

Soweit verschiedene Sozialversicherungsträger nebeneinander und gerade nicht ein Sozialversicherungsträger in Konkurrenz zum Geschädigten gegenüber dem Schädiger Ansprüche geltend machen, besteht vielmehr eine Gesamtgläubigerschaft der Sozialversicherungsträger untereinander.

 

Normenkette

RVO § 1542; BGB § 428

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 13.01.2012; Aktenzeichen 13 O 89/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.1.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des LG Hannover (Az. 13 O 89/11) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, 16.890,01 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.3.2011 an die Klägerin zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

IV.1. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 20 % die Klägerin, zu 80 % die Beklagte.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin tragen zu 54 % die Klägerin, zu 46 % die Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin trägt zu 54 % die Klägerin; im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt in ihrer Funktion als Berufsgenossenschaft des auf dem Weg zur Arbeit im Jahr 1969 tödlich verunglückten Schriftsetzers D. K. (im Folgenden: des Getöteten oder Versicherungsnehmers der Klägerin) die Beklagte auf Ersatz von Leistungen in Anspruch, die sie der Witwe des Getöteten gegenüber im Zeitraum zwischen dem 1.1.2006 und dem 31.12.2010 erbracht hat. Hierbei handelt es sich um Witwenrentenzahlungen i.H.v. insgesamt 95.865,18 EUR. Wegen der Einzelheiten der gewährten Leistungen wird auf die Aufstellung auf Seite 6 der Klageschrift, Bl. 8 d.A., Bezug genommen.

Die Ersatzverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach mit einer Haftungsquote von 100 % und zur Höhe mit 98,23 % ist zwischen den Parteien unstreitig, da der Unfall, aufgrund dessen der Versicherungsnehmer der Klägerin tödlich verunglückte, durch einen Lkw der Bundeswehr im Fahrschulbetrieb verursacht worden ist.

Neben der Klägerin erbrachte auch die Deutsche Rentenversicherung B.-H. Versorgungsleistungen gegenüber der Witwe des Getöteten. Wegen deren Höhe und der weiteren Einzelheiten wird auf die seitens der Beklagten vorgelegten Abrechnungen (Bl. 30 f. d.A. sowie Bl. 92 f. d.A.) verwiesen.

Auf diese Aufwendungen der Deutschen Rentenversicherung im Zeitraum zwischen dem 1.8.2005 und dem 31.12.2010 leistete die Beklagte zum Ausgleich einen Betrag i.H.v. 14.615,67 EUR. Gleichfalls zahlte sie gemäß Abrechnungsschreiben vom 17.4.2008 auf die von der Klägerin aus übergegangenem Recht der Witwe geltend gemachten Ersatzansprüche eine Abschlagszahlung i.H.v. 30.000 EUR.

Mit ihrer am 15.4.2011 beim LG Hannover eingegangenen und am 11.5.2011 der Beklagten zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst einen Ersatzanspruch i.H.v. 65.865,18 EUR (95.865,18 EUR geleistete Witwenrentenzahlungen abzgl. der Abschlagszahlung von 30.000 EUR) geltend gemacht. Nachdem die Beklagte nach Einreichung der Klage, aber vor deren Zustellung einen weiteren Betrag von 33.912,35 EUR an die Klägerin gezahlt hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit in dieser Höhe in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

In der Sache streiten die Parteien um die Frage, ob die Klägerin der Beklagten gegenüber die von ihr erbrachten Leistungen im Verhältnis zu den Leistungen des anderen Sozialversicherungsträgers, der Deutschen Rentenversicherung, abzurechnen hat und sich insoweit die von der Beklagten an diese vorgenommenen Zahlungen anspruchsmindernd entgegenhalten lassen muss - so die Auffassung der Beklagten -, oder aber - wie die Klägerin meint -, ob aufgrund eines Wegfalls des ursprünglich auch auf Seiten der Rentenversicherung vorhanden gewesenen Quotenvorrechts mit dem Zeitpunkt des fiktiven Erreichens der Altersrente des Getöteten zum 1.8.2005 nur ihr ein Quotenvorrecht zusteht, aufgrund dessen sie berechtigt wäre, ihre Erstattungsansprüche für ...

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