Leitsatz (amtlich)
Eine Stadt, die private Grabpflegearbeiten anbietet, verschafft sich ggü. den privaten Gärtnereien einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil, wenn sie Hinterbliebenen, die städtische Friedhofsverwaltung wegen des "Kaufs" einer Grabstelle aufsuchen müssen, die Grabpflegeleistungen durch ihre Mitarbeiter in denselben Räumen anbietet.
Die Stadt darf sich bei der Durchführung privater Grabpflegearbeiten einen Wettbewerbsvorsprung auch nicht dadurch verschaffen, dass sie in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse den privaten Anbietern von Grabpflegearbeiten Arbeitszeiten vorschreibt, ohne sich selbst an diese Arbeitszeiten zu halten.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 08.04.2004; Aktenzeichen 26 O 18/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Hannover vom 8.4.2004 teilweise dahin geändert, dass Ziff. 2 des Urteilstenors lautet:
Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro geboten, es zu unterlassen, durch ihre Mitarbeiter in denselben Räumen, in denen diese zugleich ihre Aufgaben der hoheitlichen Friedhofsverwaltung erfüllen, für Grabpflegearbeiten auf den Friedhöfen der Landeshauptstadt H. zu werben oder hierüber Verträge abzuschließen.
Wegen des weiter gehenden Verfügungsantrags zu Ziff. 2 wird die Beschlussverfügung des LG vom 19.2.2004 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Verfügungskläger 1/4 und die Verfügungsbeklagte 3/4 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Verfügungskläger 1/3 und die Verfügungsbeklagte 2/3 zu tragen.
Der Streitwert wird, rückwirkend auch für die erste Instanz, auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte), die Landeshauptstadt H., hat die Benutzung ihrer Friedhöfe durch eine Friedhofssatzung geregelt. Nach § 37 der Satzung bedürfen Unternehmer und deren Beauftragte, die sich auf den Friedhöfen betätigen wollen, einer Genehmigung. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) hat sich von der Beklagten eine solche Genehmigung erteilen lassen. Darin ist u.a. geregelt, dass sämtliche Arbeiten auf den Stadtfriedhöfen nur während der für die Friedhofsverwaltung festgesetzten Dienststunden (Montag bis Donnerstag 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr, freitags 7:00 Uhr bis 12:10 Uhr) vorgenommen werden dürfen.
Der Kläger hat der Beklagten vorgeworfen, dass sie in wettbewerbswidriger Weise auf den Friedhöfen private Dienstleistungen auf dem Gebiet der Grabpflege bewerbe und erbringe. Sie biete in einem Gebäude der Friedhofsverwaltung auf dem Friedhof E. Hinterbliebenen, die beispielsweise wegen des Erwerbs oder der Verlängerung der Nutzungsrechte für Grabstätten vorstellig würden, ihre gärtnerischen Leistungen an, und zwar durch dieselben Mitarbeiter und in denselben Räumen. Ein weiteres wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten liege darin, dass sie sich bei ihrem eigenen Gärtnerdienst nicht an die Arbeitszeiten halte, die sie den fremden Betrieben vorschreibe. Ihre Mitarbeiter seien in der Zeit von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr auf den städtischen Friedhöfen tätig.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu unterlassen,
1. auf den städtischen Friedhöfen durch sie angebotene Grabpflege aktiv zu bewerben,
2. die von ihr angebotene Grabpflege im räumlichen oder sachlichen Zusammenhang mit hoheitlichen Maßnahmen anzubieten,
3. die Grabpflege auf den Friedhöfen der Stadt während der Zeiten anzubieten, in denen sie selbst aus hoheitlichen Befugnissen heraus dem Kläger die Grabpflege untersage.
Das LG hat eine dem Antrag entsprechende Beschlussverfügung erlassen. Dem ist die Beklagte im Widerspruchsverfahren entgegengetreten.
Das LG hat die einstweilige Verfügung - mit der geänderten Fassung des Verbots zu Ziff. 1 - aufrechterhalten.
II. Die Berufung ist teilweise begründet.
1. Verbot, die angebotene Grabpflege im räumlichen oder sachlichen Zusammenhang mit hoheitlichen Maßnahmen anzubieten
Der Kläger kann im Wege der einstweiligen Verfügung von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen, durch ihre Mitarbeiter in denselben Räumen, in denen diese zugleich ihre Aufgaben der hoheitlichen Friedhofsverwaltung erfüllen, für Grabpflegearbeiten auf Friedhöfen der Landeshauptstadt H. zu werben oder hierüber Verträge abzuschließen (a). Der weiter gehende unter Ziff. 2 der Antragsschrift geltend gemachte Verfügungsanspruch ist zu weit gefasst und nicht hinreichend bestimmt (b).
a) Der Kläger ist als unmittelbar verletzter Wettbewerber der Beklagten Gläubiger des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs. Aufgrund der vorliegenden Gewerbeanmeldung und der Erklärung des Vaters des Klägers vom 27.2.2004 ist es glaubhaft gemacht, dass der Kläger seit Februar/März 2004 im Bereich der Grabpflege selbstständig tätig ist.
Der Kläger kann die Beklagte gem. § 8 Abs. 1 UWG n.F. auf Unterlassung in Ans...