Leitsatz (amtlich)
Eine Klage aus § 767 Abs. 1 ZPO analog bleibt selbst dann zulässig, wenn der Schuldner zuvor mit denselben Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren nach § 732 ZPO vorgegangen ist.
Normenkette
ZPO §§ 732, 767
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 03.08.2009; Aktenzeichen 2 O 75/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 3.8.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Stade aufgehoben.
Das Verfahren wird an das LG Stade auch zur Entscheidung über die Kosten der Berufung zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde unzulässig ist, weil diese keine Unterwerfungserklärung unter die sofortige Zwangsvollstreckung enthalte.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es handele sich nicht um eine Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO. Da die Kläger sich gegen das Vorliegen eines wirksamen Vollstreckungstitels wendeten, sei die Klage allerdings aus § 767 Abs. 1 ZPO analog statthaft. Es fehle jedoch an einem Rechtschutzbedürfnis, da die Kläger die geltend gemachten Einwendungen bereits im Erinnerungsverfahren gem. § 732 ZPO vorgebracht hätten. Zwar sei dies grundsätzlich möglich. Jedoch sei dem Vollstreckungsschuldner insoweit nur ein Wahlrecht eingeräumt worden, dass er seine Einwendungen einmalig nach § 732 ZPO oder 767 Abs. 1 ZPO analog vorbringen würde. Dieses Wahlrecht hätten die Kläger verbraucht.
Hiergegen richtet sich die Berufung. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BGH vom 23.8.2007, Az: VII ZB 115/06 (NJW-RR 2007, 1724), vertreten die Kläger die Auffassung, dass ein Wahlrecht nicht bestehe, sondern ihnen beide Wege offen stünden. Die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO und die analog § 767 ZPO erhobene Vollstreckungsgegenklage hätten unterschiedliche Angriffsrichtungen.
Die Kläger stellen die Anträge, das Urteil des LG Stade, Aktenzeichen: 2 O 75/09, vom 3.8.2009 abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars H. H. vom 26.6.2003, UR-Nr.:..., für unzulässig zu erklären; den Rechtsstreit an das LG Stade zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, den Rechtsstreit an das LG Stade zurückzuverweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II. Die zulässige Berufung ist insoweit begründet, als die Klage entgegen der Auffassung des LG zulässig ist. Gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO war das Verfahren auf den übereinstimmenden Antrag der Parteien an das LG Stade zurückzuverweisen.
Die Klage ist zulässig. Die Kläger haben ihr Wahlrecht, sich gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde entweder im Klauselerteilungsverfahren nach § 732 ZPO oder im Wege der Klage nach § 767 ZPO analog zu verteidigen, nicht verbraucht.
Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des BGH in der von den Klägerin herangezogenen Entscheidung an, die fehlende Vollstreckungsfähigkeit des Titels könne mit der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO geltend gemacht werden, ohne dass ein Rechtsschutzinteresse wegen der Möglichkeit, dies mit der Klauselerinnerung nach § 732 ZPO geltend zu machen, zu verneinen wäre (NJW-RR 2007, 1724). Wählt der Schuldner aber zunächst - wie vorliegend - das Klauselerteilungsverfahren, ist damit die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Abs. 1 ZPO analog vorzugehen. Ein solcher Verbrauch des Wahlrechts wäre mit Blick auf die Rechtskraft, die von einer Entscheidung im Klauselerteilungsverfahren nach § 732 ZPO ausgeht, auch nicht gerechtfertigt. Denn im Klauselerteilungsverfahren kann sich der Schuldner nur gegen die Erteilung der jeweiligen Klausel, nicht aber gegen den Titel selbst wenden (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1718, 1719; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 732 Rz. 11; MünchKomm/Wolfsteiner, ZPO, 3. Aufl., § 732 Rz. 6; vgl. a. Wieczorek/Schütze-Salzmann, ZPO, 3. Aufl., § 732 Rz. 13)." Aus der vom LG zitierten Rechtsprechung ergibt sich nichts Gegenteiliges. Hieraus ergibt sich zwar die Möglichkeit eines Wahlrechts, jedoch nicht des Verbrauchs der Klage aus § 767 Abs. 1 ZPO analog, wenn zuerst das Verfahren nach § 732 ZPO betrieben wird.
III. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren war dem LG vorzubehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 2280518 |
JurBüro 2010, 159 |