Leitsatz (amtlich)
Macht der Pächter bei Beendigung des Pachtvertrages von seinem Recht nach § 12 Abs. 3 MAV Gebrauch, die AnlieferungsReferenzmenge vom Verpächter für 67 % des Gleichgewichtspreises zu übernehmen, handelt es sich für letzteren um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft.
Gleichwohl kann der Verpächter dem Pächter die Umsatzsteuer nicht zusätzlich in Rechnung stellen, weil der Gleichgewichtspreis nach § 10 MAV sich als Bruttopreis einschließlich Umsatzsteuer darstellt.
Normenkette
MAVV §§ 10, 12 Abs. 3; UStG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 23.03.2006; Aktenzeichen 5 O 488/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Verden vom 23.3.2006 geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Beschwer für den Kläger: unter 20.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte, nachdem diese eine Milchreferenzmenge gegen Zahlung von 67 % des Gleichgewichtspreises des maßgeblichen Übertragungstermins übernommen hatte, ergänzend auf Zahlung von 16 % Mehrwertsteuer in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG (Bl. 64 ff. GA) Bezug genommen.
Durch Urteil vom 23.3.2006 hat das LG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 6.221,66 EUR nebst Zinsen zu zahlen sowie angefallene Anwaltskosten zu erstatten. Nach Ansicht des Gerichts bestehe in Bezug auf die Referenzmenge ein Übertragungsvertrag zwischen den Parteien, welcher umsatzsteuerpflichtig sei und dem Regelsteuersatz von 16 % unterliege. Die Beklagte habe dabei nicht davon ausgehen können, dass es sich bei dem gezahlten Preis um einen Bruttopreis handele. Denn der Preis sei zwischen den Parteien nicht ausgehandelt worden, sondern bestimme sich nach dem Gleichgewichtspreis der Milchverkaufsstelle. Hierbei handele es sich um einen umsatzsteuerfreien Betrag. Zudem seien die Parteien beide davon ausgegangen, dass die Umsatzsteuer in dem zu zahlenden Preis nicht enthalten sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie macht geltend, es liege überhaupt kein umsatzsteuerpflichtiges Übertragungsgeschäft vor. Zumindest habe das LG einen einheitlichen Endpreis annehmen müssen, der die Umsatzsteuer mit einschließe.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er meint, es liege ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft vor, welches unbeschadet dessen, dass er pauschalierender Landwirt sei, der Regelbesteuerung unterliege. Angesichts der Veröffentlichung der Gleichgewichtspreise, die mit dem Hinweis "Preise ohne Mehrwertsteuer" erfolgt sei, habe die Beklage nicht davon ausgehen dürfen, dass der durch die Milchverkaufsstelle festgelegte Gleichgewichtspreis ein Bruttopreis einschließlich der Mehrwertsteuer sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Der Kläger kann von der Beklagten über die bereits erbrachte Zahlung i.H.v. 38.885,36 EUR hinaus kein weiteres Entgelt für die übernommene Milchreferenzmenge verlangen.
Übernimmt der Pächter die an sich zurückzugewährende AnlieferungsReferenzmenge von dem Verpächter, hat er diesem gem. § 12 Abs. 3 Milchabgabenverordnung (MAV) 67 % des Gleichgewichtspreises zu zahlen. Dementsprechend hat die Beklagte auf der Grundlage des hier maßgeblichen Gleichgewichtspreises von 0,39 EUR/kg für die übernommene Milchreferenzmenge von 148.815 kg an den Kläger unstreitig einen Betrag i.H.v. 38.885,36 EUR (148.815 kg × 0,39 EUR/kg × 0,67) gezahlt. Daneben kann der Kläger von der Beklagten nicht weitere 6.221,66 EUR als Mehrwertsteuer (16 % von 38.885,36 EUR) beanspruchen.
Zwar handelt es sich bei der Übernahme des Milchanlieferungsrechts durch den Pächter gegen Zahlung des Gleichgewichtspreises an den Verpächter für diesen, sofern er Unternehmer ist, um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft.
Der Verkauf der Milchquote durch einen Landwirt, der Unternehmer ist, ist seit jeher umsatzsteuerpflichtig, wobei sich der Mehrwertsteuersatz nach dem umsatzsteuerlichen Status des Verkäufers richtet (vgl. Stephany, AUR 2004, 240, 243 unter II.). Dies gilt auch in Bezug auf die Ausübung des Übernahmerechts nach § 12 Abs. 3 MAV, wonach der Pächter nach Ablauf des Pachtverhältniss...