Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 11.01.2006; Aktenzeichen 2 O 401/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.01.2008; Aktenzeichen III ZR 186/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 11.1.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 1 zu 60 % und der Klägerin zu 2 zu 40 % auferlegt; dies gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen, die diese jeweils in voller Höhe selbst zu tragen haben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vorher Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Es wird zunächst auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, § 540 ZPO.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Klägerinnen ihre erstinstanzlich abgewiesenen Zahlungsansprüche weiter (die Klägerin zu 1 i.H.v. 62.154,70 EUR nebst Zinsen, die Klägerin zu 2 i.H.v. 41.631,97 EUR nebst Zinsen); hilfsweise beantragen sie die Zurückverweisung an das LG Lüneburg.

Die Klägerinnen beanstanden, dass das LG zu Unrecht von einem öffentlich-rechtlich ausgestalteten Behandlungsverhältnis ausgegangen sei. Die Versicherte der Klägerinnen sei weder infolge einer Zwangsmaßnahme noch auf der Grundlage der Unterbringungsgesetze im Landeskrankenhaus gewesen, sondern habe sich freiwillig dort zur Behandlung aufgehalten. Sie hätte daher aufgrund eines freiwilligen Entschlusses jederzeit die geschlossene Abteilung und das Landeskrankenhaus verlassen können. Zur Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlich ausgestalteten Behandlungsverhältnissen tragen die Klägerinnen ausführlich vor. Sodann wiederholen Sie ihren erstinstanzlichen Vortrag zu den einzelnen Schadenspositionen.

Das beklagte Land verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig. Es meint, dass aufgrund der tatsächlichen psychischen Situation der Versicherten der Klägerinnen von einer Freiwilligkeit nicht ausgegangen werden könne. Hätte sich diese nicht selbst in das Landeskrankenhaus begeben, wäre sie zwangsweise - wie bereits mehrfach zuvor - eingewiesen worden. Faktisch habe es sich um eine Unterbringung gehandelt. Auch das Land trägt umfänglich zur vorzunehmenden Bewertung des Behandlungsverhältnisses vor.

Vorsorglich hält das Land die Ansprüche der Klägerin zu 2 für die Jahre 1998 und 1999 für verjährt, weil es sich bei den Leistungen aus der Pflegeversicherung um solche handele, die kongruent zu Rentenansprüchen gem. § 843 Abs. 1 BGB seien.

II. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Mit zutreffenden Erwägungen hat das LG zu Recht angenommen, dass die hier geltend gemachten Ansprüche der Klägerinnen bei Klageerhebung bereits verjährt waren.

Entscheidungserheblich - weil maßgeblich für die Verjährungsproblematik - ist die Frage, ob die Bediensteten des Niedersächsischen Landeskrankenhauses L im Rahmen der Behandlung der Versicherten der Klägerinnen vom 2.11.1995 bis zum 21.11.1995 "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" i.S.v. Art. 34 Grundgesetz oder ob sie insoweit im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Behandlungsverhältnisses tätig geworden sind.

Auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 24.9.1962 (III ZR 201/61, NJW 1963, 40 ff.) ist unter Berücksichtigung der damaligen Behandlungssituation der Versicherten der Klägerinnen davon auszugehen, dass die Beziehung zwischen der Patientin und dem Landeskrankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur war. Mithin können Ersatzansprüche allenfalls aus Amtshaftung, Art. 34 Grundgesetz i.V.m. § 839 BGB, in Betracht kommen, die aber bei Klageerhebung bereits verjährt waren.

Die Aufgabe eines Landeskrankenhauses besteht in der Verwahrung und Heilbehandlung von Personen, die aufgrund ihres Geistes- oder Gemütszustandes der besonderen Betreuung bedürfen sowie ggf. in dem Schutz der Außenwelt vor diesen Personen. Es geht also um Aufgaben, die seit jeher vom Staat als öffentliche Aufgabe angesehen werden und die im Rahmen sozialstaatlicher, mithin öffentlicher Pflichten des Staates liegen (BGH, a.a.O.). Wenn somit der Betrieb von Krankenanstalten dieser Art der Erfüllung öffentlicher (staatlicher) Aufgaben dient, ist damit jedoch noch nicht die Frage entschieden, ob die Rechtsbeziehungen zwischen dem Landeskrankenhaus und den dort behandelten Personen öffentlich-rechtlich sind und ob die Bediensteten des Landeskrankenhauses somit Aufgaben "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" wahrnehmen oder ob sie lediglich im Rahmen eines privatrechtlichen Bereichs tätig werden. Denn der Staat kann sich zur Erreichung öffentlich-rechtlicher Ziele für einen bestimmten Aufgabenkreis auch privatrechtlicher Mittel bedienen, sofern es nicht um die Erfüllung - hier unzweifelhaft nicht vorliegender - obrigkeitlicher Aufgaben geht, die ihrer Art nach ausschließlich im Ra...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge