Tatbestand
Der Angekl., ein Landwirt, hatte auf einem Acker eine Silage von Futterraps angelegt, deren austretenden Saft er abpumpen wollte. Ein Teil des Silagesaftes floß jedoch in den Boden und versickerte. Das AG sprach den Angekl. vom Vorwurf der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung (§ 326 StGB) mit der Begründung frei, der Silagesaft sei zwar als Abfall im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, jedoch nicht geeignet gewesen, das Grundwasser nachhaltig zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu beeinflussen. Die gegen dieses Urteil eingelegte (Sprung-)Revision der StA, die die Verletzung materiellen Rechts rügte, hatte Erfolg. Der Senat stimmt zwar mit dem Strafrichter im Ergebnis darin überein, daß eine Verurteilung des Angekl. aus § 326 StGB Ä in Betracht komme hier nur Abs. 1 Nr. 3 Ä nicht möglich sei (nachst. unter a). Die Sache sei jedoch an das AG zurückzuverweisen, weil noch Feststellungen dazu fehlten, ob der Angekl. gegen § 34 Abs. 2 WassHaushG verstoßen habe oder ob eine Bestrafung nach § 324 StGB infragekomme (nachst. unter b-c).
(a) ›... Die Frage, ob Silagesaft unter den in § 326 StGB verwandten Abfallbegriff zu subsumieren ist, kann im vorl. Fall dahingestellt bleiben. Denn der Tatbestand [des § 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB] setzt weiter voraus, daß das Ablassen usw. des Abfalls außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren geschieht. Das ist hier nicht gegeben.
Anlagen, die für die Beseitigung von Silagesaft ›zugelassen‹ wären, gibt es nicht. ... Als vorgeschriebenes Verfahren [der (Abfall-)Beseitigung] käme etwa in Betracht, daß für Silos massive Behälter verwendet werden müßten oder Folien als Basisabdichtung. In der Tat weist ein Merkblatt des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die ›Gefährdung von Gewässern durch Silosickersaft‹ auf solche Methoden des Auffangens des Silagesafts mit späterer Verteilung auf den Äckern hin. Jedoch ist ein vorgeschriebenes Verfahren [i. S. des § 326 Abs. 1 StGB] .. nur ein solches, das durch Rechtsvorschriften konkretisiert oder durch die Verwaltung .. verbindlich festgelegt ist, [ebenso ist] ein zugelassenes Verfahren nur ein solches, das .. durch Rechtsvorschriften oder Verwaltungsakte erlaubt ist. Das erwähnte Merkblatt hat einen solchen Rechtscharakter jedoch nicht. ... Es existieren aber auch sonst keine Rechtsnormen Ä insbesondere keine Verordnungen Ä, die eine bestimmte Methode der Beseitigung von Silagesaft vorschreiben oder zulassen, und die Verwaltungsbehörde ist gegen den Angekl. offensichtlich nicht im Wege konkreter Anordnung vorgegangen. Demgemäß ist ihm nicht vorzuwerfen, daß er von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren der Beseitigung des Silagesafts abgewichen sei, wie es § 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB voraussetzt.‹
Soweit der Senat hierzu früher eine andere Ansicht vertreten habe, halte er daran nicht mehr fest.
(b-c) ›Der Strafrichter hat nicht geprüft, ob der Angekl. durch das Anlegen des Silos eine Ordnungswidrigkeit gem. §§ 34 Abs. 2, 41 Abs. 1 Nr. 9 WHG [WassHaushG] oder sogar eine .. Straftat gem. § 324 StGB begangen hat. § 34 Abs. 2 WHG verbietet es, Stoffe in einer Weise zu lagern oder abzulagern, daß eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers zu besorgen ist .. . Der vom Angekl. aufgeschichtete Futterraps ist ein ›Stoff‹ in diesem Sinn .. [, der auch] Ä bis zum Verfüttern Ä gelagert worden ist. ...
[Während] der Zweck des § 326 StGB gerade dahin geht, Schutz vor besonders gefahrenträchtigen Stoffen zu gewährleisten, .. setzt die Ordnungswidrigkeit gem. § 34 Abs. 2 WHG und auch die Straftat gem. § 324 StGB eine so starke Form der Grundwassergefährdung nicht voraus. Es genügt hier, daß überhaupt eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers zu besorgen ist. Nachteilig ist eine Veränderung schon immer dann, wenn die Eigenschaften des Grundwassers durch die Einleitung gegenüber dem vorherigen oder dem natürlichen Zustand verschlechtert werden, sei es auch nur graduell und in geringem Ausmaß (Sieder/Zeitler, Wasserhaushaltsgesetz, § 34 Rdn. 10; OLG Stuttgart, MDR 1976, 690); die schädliche Verunreinigung ist als Unterfall der nachteiligen Veränderung anzusehen .. . Letztere ist dann anzunehmen, wenn der Ge- und Verbrauchswert des Wassers für Mensch, Tier oder Pflanze, gleich in welcher Menge, herabgesetzt wird, ohne daß es darauf ankäme, ob das Wasser ge- oder verbraucht werden soll oder nicht .. . Eine merkliche Veränderung der Wassergüte ist also entscheidend. ... Das Wasserhaushaltsgesetz und die [daraus] übernommene Vorschrift des § 324 StGB bezwecken den Schutz vor ›jeder vermeidbaren Beeinträchtigung‹ der Gewässer (§ 1 a WHG); diese sollen auch schon vor einer solchen Beeinträchtigung bewahrt werden, die noch keine Gesundheitsgefährdung mit sich bringt. Auch wenn aufgrund der Definition in § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG Maßnahmen, die nur in einem unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen für ein ...