Verfahrensgang
LG Lüneburg (Aktenzeichen 5 O 153/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das 11. Oktober 2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für den ersten und zweiten Rechtszug auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte mit der Behauptung, sie habe unzutreffende und irreführende Informationen erteilt, im Wege des Schadensersatzes auf Rückabwicklung einer von ihr vermittelten Kapitalanlage in Anspruch.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen außergewöhnlich erfahrenen Anleger (Diplom-Wirtschaftsingenieur; seit 35 Jahren erfolgreicher Gründer und Betreiber eines international tätigen Unternehmens, das Unternehmensberatung für mittelständische und familiengeführte Unternehmen und deren Gesellschafter in allen Phasen eines Unternehmensverkaufs und Unternehmenskaufs betreibt; jahrzehntelange Erfahrung in grenzüberschreitenden Transaktionen, zwanzigjährige ehrenamtliche Tätigkeit als Handelsrichter; Verfasser etlicher Fachbücher und Fachbeiträge). Bei der Beklagten, die gewerbsmäßig Kapitalanlagen vermittelt und darüber berät, zeichnete er jedenfalls im Jahr 1998 einmal eine Beteiligung an einem Schiffsfonds. Er war damit einverstanden, dass er in einen von der Beklagten geführten Verteiler aufgenommen und von ihr daher regelmäßig über Neuplatzierungen am Markt informiert wurde. Er war insbesondere interessiert an Angeboten, die sich allein wegen der Höhe des einzusetzenden Mindestkapitals eher an semiprofessionelle Anleger richteten (sog. Club-Deals).
Mit E-Mail vom 30. Oktober 2020 (Anlage K 1) wies die Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit einer Beteiligung am Öl- und Chemikalientankschiff "MT P." hin. Die E-Mail begann mit allerlei allgemein gehaltenen wirtschaftspolitischen Thesen, mit denen die Beklagte eine große Unsicherheit am Kapitalmarkt beschwor. Als eine Lösung präsentierte sie dann im Weiteren die streitgegenständliche Anlage mit den Schlagwörtern "Günstiger Kaufpreis - Hohe Pool-Einnahmesicherheit - Neueste Umweltstandards". Diese Empfehlung bewarb sie (unter anderem) mit folgenden Angaben:
- "Hohe Einnahmesicherheit: Die MT "P." fährt im Pool von zehn typgleichen Schiffen der A&B-Flotte und gewährt so dem Projekt eine hohe nachhaltige Einnahmesicherheit durch gleichmäßige Verteilung der Einnahmen
[...]
- Hohe Renditeerwartung: Die aufgestellte Prognoserechnung erwartet eine lineare Rendite von 16,4 % p.a. über einen Investitionszeitraum von fünf Jahren."
Der Kläger äußerte - gleichfalls per E-Mail - Interesse an dem Angebot. Die Beklagte übersandte ihm daraufhin - wiederum per E-Mail - neben dem als "Memorandum" betitelten Fondsprospekt verschiedene weitere Unterlagen über den Fonds. Am 4. November 2020 sandte der Kläger der Beklagten den von dieser vorformulierten "Rahmenvermittlungsvertrag" (Anlage K 3, Bl. 19 ff. d. A.) unterschrieben zurück. In § 1 dieses Vertrags ist die "Vermittlungsleistung" wie folgt umschrieben:
"Der Vermittler hat Zugang zu einer Auswahl von Kapitalanlageangeboten ausgewählter Anbieter in den in der Präambel benannten Anlagesegmenten.
Das Leistungsangebot des Vermittlers umfasst ausschließlich die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung derartiger Finanzinstrumente. Diese Anlagevermittlung umfasst eine Überprüfung der Angemessenheit der vermittelten Kapitalanlage. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung wird auf Grundlage der Angaben des Anlegers ermittelt, ob der Anleger über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken der ihm vermittelten Finanzanlage angemessen zu beurteilen.
Eine Anlageberatung mit Geeignetheitsprüfung, auf deren Grundlage eine für die persönliche finanzielle Situation des Anlegers sowie seine Risikobereitschaft und -tragfähigkeit passende Kapitalanlage empfohlen wird, erfolgt durch den Vermittler nicht.
Sämtliche von dem Vermittler gegenüber dem Anleger vorgestellte Finanzanlagen stellen daher keine Empfehlung dar, sondern eine dem Anleger angebotene Produktauswahl verbunden mit der Zurverfügungstellung der erforderlichen Produktinformation, auf deren Grundlage der Anleger eine eigene Anlageentscheidung treffen kann. [...]"
Im weiteren Vertragstext (§ 3) wies die Beklagte den Kläger unter anderem auf die herausgehobene Bedeutung der ihm zu übersendenden Informationen über die Anlage und die darin enthaltenen Risikohinweise hin. In § 4 enthielt der Vertrag den Hinweis, dass die Beklagte weder das jeweilige Anlagekonzept noch die Prospekte und sonstigen Unterlagen der von ihr angebotenen Kapitalanlagen auf Plausibilität...