Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuwidriges Berufen auf Anfechtungsverbot
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 09.04.2003; Aktenzeichen 6 O 212/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Hannover vom 9.4.2003 teilweise abgeändert:
Die Klage wird i.H.v. 0,50 Euro abgewiesen.
Im Übrigen (wegen weiterer 79.250,24 Euro) wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung an das LG Hannover zurückverwiesen, dem auch insgesamt die Entscheidung über die Kosten vorbehalten bleibt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von 79.250,74 Euro nebst Zinsen, die dieser aus der Inanspruchnahme zweier von der Klägerin gestellter Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern der Kreissparkasse S. erlangt hat. Durch die beiden von der Kreissparkasse S. gestellten Bürgschaften sollten Gewährleistungsansprüche aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Generalunternehmervertrag vom 8./9.7.1999 betreffend das Bauvorhaben des Beklagten Bürogebäude K.-Weg 8 in H. abgesichert werden. Daneben streiten die Parteien um Gewährleistungsansprüche.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Entscheidung des LG wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.
Gegen die landgerichtliche Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz, hilfsweise eine Abänderung der Entscheidung und Abweisung der Klage erstrebt. Zur Begründung führt er aus, dass das LG bei seiner Urteilsfindung grobe Verfahrensfehler begangen habe. Das LG habe erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 10.3.2003 darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen etwaiger Gegenansprüche aus § 8 Nr. 3 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 7 VOB/B weder dargelegt noch unter Beweis gestellt seien. Eine auf diesen Hinweis hin beantragte Erklärungsfrist habe das LG zu Unrecht verweigert. Der Beklagte, der in der Berufungsinstanz die Abnahme des Werkes unstr. gestellt hat, trägt zudem vor, dass entgegen den Ausführungen des LG auch der verbürgte Sicherungszweck eingetreten sei. Zwar sei in dem Generalunternehmervertrag nur von Gewährleistungsansprüchen nach §§ 633 bis 635 BGB die Rede. Da die Parteien aber die Geltung der VOB/B vereinbart hätten, könnte nach einer am Wortlaut haftenden Auslegung, wie sie das LG der Ziff. 10.2 des Generalunternehmerbertrages zukommen lassen wolle, der Sicherungszweck zu keinem Zeitpunkt eintreten. Die Klausel im Generalunternehmervertrag sei daher interessengerecht dahin auszulegen, dass von der Klausel auch Gewährleistungsansprüche nach VOB/B erfasst seien. Zudem hätte über die vom Beklagten behaupteten Mängel und die Höhe der Beseitigungskosten Beweis erhoben werden müssen, was eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme erfordere. Dies sei aber kein Grund, dem Beklagten die Berufung auf die ihm zustehenden Gegenrechte zu versagen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und auch i.Ü. zulässige Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, dass die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen ist.
Die Klägerin hat einen Anspruch aus § 812 BGB gegen den Beklagten auf Zahlung von 79.250,24 Euro, weil der Beklagte entgegen der Sicherheitsabrede im Generalübernehmervertrag und der dort geregelten Voraussetzungen die Bürgschaft rechtsgrundlos in Anspruch genommen hat. Wegen der Auszahlung der Bürgschaftssumme ist der Beklagte auf Kosten der Klägerin bereichert. Denn die Klägerin ist von der Kreissparkasse S. hinsichtlich der Bürgschaftssumme in Rückgriff genommen worden, wie die Klägerin in zweiter Instanz durch Vorlage des Kontoauszuges Nr. 49 vom 22.5.2002 (Bl. 228 d.A.) nachgewiesen hat und was daraufhin unstr. geworden ist. Da die Inanspruchnahme durch die Kreissparkasse S. aber nur i.H.v. 79.250,24 Euro und nicht in Höhe der mit der Klage beanspruchten 79.250,74 Euro erfolgt ist, ist i.H.v. 0,50 Euro die Sache entscheidungsreif und die Klage abzuweisen.
Wegen der 79.250,24 Euro ist der Rechtsstreit dagegen noch nicht entscheidungsreif. Da insoweit das Verfahren erster Instanz an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist, ist das Verfahren auf Antrag des Beklagten an die erste Instanz zurückzuverweisen, § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Zwar geht das LG zutreffend davon aus, dass der Beklagte aufgrund des Schreibens vom 6.11.2001 (Bl. 28 d.A.) keinen Anspruch auf die Auszahlung der Bürgschaftssumme durch die Kreissparkasse S. hatte und daher die Klägerin die Bürgschaftssumme zurückverlangen kann, weil die Voraussetzungen für die Anforderung der Bürgschaften nicht vorlagen. Ein Gläubiger darf den B...