Leitsatz (amtlich)
Dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls steht kein Schadensersatzanspruch wegen der Kosten zu, die im Zusammenhang mit der Einholung einer Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer durch einen vom Geschädigten beauftragten Rechtsanwalt entstanden sind.
Normenkette
BGB § 249; RVG § 15 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen 2 O 368/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 5.5.2010 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.735,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2009 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 229,95 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 54 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 46 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.
1. Klageerweiterung in der Berufungsinstanz:
a) Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weitere 356,40 EUR (Bl. 154 d.A.) über die bereits erstinstanzlich geltend gemachte Forderung hinaus von den Beklagten begehrt, ist der zugehörige Tatsachenvortrag nicht berücksichtigungsfähig. Die Zulässigkeit einer Klageerweiterung im Berufungsverfahren setzt gemäß § 533 Nr. 2 ZPO voraus, dass sie sich auf Tatsachen stützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin gem. § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das ist aber nicht der Fall. Der Vortrag ist in der ersten Instanz nicht gehalten worden. Die Beklagten haben die zugrunde liegenden Tatsachen und insbesondere die Reparatur mit der Berufungserwiderung bestritten. Bei den am 7.8.2009 in Rechnung gestellten 356,40 EUR handelt es sich zudem um Kosten, die schon vor Klageerhebung im November 2009 entstanden und bekannt waren. Der Kläger legt nicht dar, warum diese Kosten nicht bereits zum Gegenstand der Klage gemacht worden sind. Damit ist deren Berücksichtigung auch gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zulässig.
b) Ebenso sind die nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 14.4.2010 geltend gemachten 444,69 EUR im Berufungsverfahren gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht berücksichtigungsfähig. Der Kläger stützt sich hier nur auf eine "Berechnung" vom 13.4.2010 (Bl. 100 oben d.A.). Der Kläger kann deshalb nicht damit gehört werden, er habe den Pkw erst zum damaligen Zeitpunkt - April 2010 - und damit erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 31.3.2010 - repariert. Ein Reparaturdatum ist nicht genannt oder vorgetragen. Der Kläger hätte damit die Berechnung bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung einreichen müssen. Warum er dies nicht getan hat, wird in der Berufungsbegründung nicht dargelegt. Die Beklagten haben wiederum den Tatsachenvortrag des Klägers bestritten. Damit ist auch dieser Vortrag nicht berücksichtigungsfähig.
2. Ersatzfähigkeit des Frontschadens:
Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch zu, weil er nicht nachweisen kann, dass die Beklagte zu 1 den Schaden (mit-)verursacht hat. Der Kläger ist dafür beweispflichtig (§ 286 ZPO). Zu seinen Gunsten spricht kein Anscheinsbeweis. Denn unstreitig ist die Zeugin K1 mit dem Pkw Daihatsu des Klägers (STD-AK 578) zuerst auf den vor ihr fahrenden Pkw Ford der Zeugin K2 (STD-K 1176) aufgefahren und danach die Beklagte zu 1 mit dem Pkw VW (STD-S 7481) auf den Wagen des Klägers, der durch diese zweite Kollision gegen den Pkw der Zeugin K2 geschoben wurde, wodurch es zu einer zweiten Kollision im selben Schadensbereich kam. Ein solcher Auffahrunfall ist kein typisches Ereignis, das aufgrund seines Geschehensablaufs ohne weiteres den Schluss auf eine bestimmte Verursachungsform oder einen Verschuldensbeitrag zulässt. Der Kläger muss deshalb beweisen, welche Schäden in Folge des Anstoßes durch den Pkw der Beklagten, der zur zweiten Kollision des Kläger-Pkw mit dem Ford der Zeugin K2 führte, hervorgerufen wurden. Der von dem Kläger vorprozessual eingeschaltete Sachverständige B. hat insoweit keine Abgrenzung vornehmen können. Wörtlich heißt es in seinem Gutachten (Bl. 13 d.A.):
"Sachverständigerseits können die Beschädigungen an der Front des hier kalkulierten Schadens nicht getrennt werden".
Auch die im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten und Lichtbilder ändern daran nichts. Es gibt keine Feststellungen darüber, wie der Pkw des Klägers nach der ersten Kollision mit dem voranfahrenden Ford aussah und welche Beschädigungen er dabei erlitten hatte. Dass der Ford insgesamt nur relativ geringfügige Beschädigungen aufwies, besagt über die Beschädigungen am Pkw des Klägers, um die es hier geht, nichts.
Der Senat ist ...