Leitsatz (amtlich)
1. Ist bei einem vor dem 1.12.2001 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren eine aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung stammende Forderung zur Tabelle angemeldet und festgestellt worden, ohne dass dies kenntlich gemacht worden ist, dass die Forderung aus einer vom Schuldner begangenen vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrührt, kann der Gläubiger bereits vor Erteilung der Restschuldbefreiung für den Schuldner im Wege der Feststellungsklage die Ergänzung der Tabellenfeststellung erreichen.
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein GmbH-Geschäftsführer gem. § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266a StGB wegen der Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung auf Schadensersatz haftet.
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 20 O 4275/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.4.2002 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Wert der Beschwer für den Beklagten: 32.982,69 Euro.
Gründe
I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte weiterhin Klagabweisung. Hierzu meint er, dass die Klage unschlüssig sei, weil die Klägerin nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Gesellschaften, als deren ehemaliger Geschäftsführer er in Anspruch genommen wird, zahlungsfähig gewesen seien. Überdies habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, welche Arbeitnehmerbeiträge nicht abgeführt worden seien. Ihm habe auch der für § 266a StGB erforderliche Vorsatz gefehlt, weil er nur als Strohmann tätig gewesen sei; tatsächlich habe sein Bruder die Geschäfte geführt. Das LG habe zu Unrecht Teilzahlungen nicht berücksichtigt, die diesbezüglichen Feststellungen seien von der Aussage des Zeugen Wodtke nicht gedeckt. Schließlich meint der Beklagte, dass ein ggf. bestehender Anspruch der Klägerin jedenfalls verjährt sei.
Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages die angefochtene Entscheidung.
II. Die Berufung ist unbegründet.
1. Die Klägerin besitzt für die begehrte Feststellung das erforderliche Feststellungsinteresse. Da über das Vermögen der Beklagten mit Beschluss vom 31.5.1999 ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und in diesem Verfahren am 23.8.2000 ein Beschluss zur Ankündigung der Restschuldbefreiung gem. § 291 InsO erlassen worden ist, besteht derzeit die Gefahr, dass die von der Klägerin zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung durch Erteilung der Restschuldbefreiung erlischt, § 301 InsO. Die Klägerin hat daher ein Interesse an der Feststellung, dass ihre Forderung von der Restschuldbefreiung nicht berührt wird.
Gemäß § 302 Nr. 1 InsO ist dies bei Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Fall, wenn der Gläubiger die Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hatte, wobei durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung vom 26.10.2001 (BGBl. I, 2710) letztere Vorschrift seit dem 1.12.2001 die Angaben von Tatsachen erfordert, aus denen sich die Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt. Diesen Anforderungen genügt die Anmeldung der Klägerin vom 17.6.1999 nicht, weil dort lediglich mitgeteilt ist, dass für die Zeit vom
1. Mai bis 30.9.1994 vom Beklagten Gesamtsozialversicherungsbeiträge geschuldet werden.
Hieraus kann der Beklagte aber keine für ihn günstigen rechtlichen Folgerungen ziehen, weil nach der Überleitungsvorschrift in Art. 9 des Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung (BGBl. I 2001, 2710, 2715) auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1.12.2001 eröffnet worden sind, die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden sind. Danach war die Anmeldung gem. § 174 Abs. 2 InsO in der am 17.6.1999 geltenden Fassung ordnungsgemäß, weil nur Grund und Höhe der Forderung mitzuteilen waren. Hiermit korrespondierend bestimmt § 302 Nr. 1 InsO a.F., dass eine aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammende Forderung an der Restschuldbefreuung nicht teilnimmt, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen – insb. nicht auf entspr. Angaben in der Anmeldung – ankommt.
Allerdings ist unter der Geltung dieses Rechts unklar geblieben, wann die ggf. zwischen Gläubiger und Schuldner str. Frage zu klären ist, ob eine angemeldete und eingetragene Forderung tatsächlich eine solche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist. Während ein Teil der Literatur (vgl. etwa die Nachweise bei Pape in Kübler/Prütting, Komm. zur Insolvenzordnung, Stand November 2002, B...