Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der Prüfungspflicht von Vorleistungen anderer Unternehmer. Voraussetzungen für die Befreiung von der Gewährleistung.
Normenkette
VOB/B § 13 Nr. 3, 4
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Aktenzeichen 4 O 394/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.3.2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim teilweise abgeändert. Der Zug-um-Zug-Vorbehalt für die Verurteilung der Beklagten auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde der Landessparkasse … vom 12.12.1998 über 120.000 DM an die Klägerin entfällt. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 0,6 % Zinsen auf 120.000 DM vom 29.3.1993 bis zur Herausgabe der o.g. Bürgschaftsurkunde an die Klägerin zu zahlen. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens 4 OH 139/94 LG Hildesheim trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 147.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Parteien dürfen Sicherheit durch unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete, schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse erbringen. Beschwer: 100.022 DM.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft und die Zahlung von Avalzinsen. Mit Bauvertrag vom 9.12.1985, der nicht in allen Einzelheiten vorgetragen ist, beauftragte die Klägerin die Beklagte u.a. mit der Herstellung einer 310m langen und 3,50 m breiten Zufahrtstraße von einem landwirtschaftlichen Weg zur Kläranlage …. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB. Unter Ziff. 6.2 der Vertragsbedingungen EVM (B) BVB (Anlage K 1, Bl. 16 d.A.) vereinbarten die Parteien, dass der Auftragnehmer statt eines Einbehaltes der Auftragssumme von 5 % als Sicherheit eine Gewährleistungsbürgschaft nach dem Formular EFB-Sich 2 stellen kann. In Ziff. 25. 2 der Vertragsbedingungen EVM (B) ZVB (Anl. K 7, Bl. 27 d.A.) vereinbarten die Parteien, dass „Urkunden über Gewährleistungsbürgschaften (EFB-Sich 2) auf Verlangen zurück gegeben werden, wenn die Verjährungsfristen für Gewährleistung einschließlich Schadenersatz abgelaufen und die bis dahin erhobenen Ansprüche – auch auf Erstattung von Überzahlungen – erfüllt worden sind”. Bezüglich des Leistungsverzeichnisses für die Straßenbauarbeiten wird auf die Anlage B 1, Bl. 126–128 d.A. verwiesen. Außer dem wird auf die Anlage B 2 (Bl. 129 d.A.) Bezug genommen. Als Subunternehmer für die Errichtung der Zufahrtstraße beauftragte die Klägerin die … (Bl. 24 d.A.). Der Schichtenaufbau für die Zufahrtstraße war wie folgt vorgesehen: 1. 35 cm Sandstein-Schotter (Baustraße), 2. 10 cm Mineralgemisch, 3. 3 cm Sandausgleich, 4. 10 cm Verbundsteinpflaster Zur Benutzung als Baustraße stellte die Subunternehmerin … zunächst die Sandstein-Schotterschicht fertig. In der Zeit vom 19.8.1997 bis zum 28.9.1987 (Bl. 5 d.A.) erstellte die von der Beklagten beauftragte Firma … im östlichen Bereich der Baustraße eine Abwasserdruckleitung, wozu sie die Baustraße in einer Tiefe von 1,4 m unter der Fahrbahnbefestigung und 1 m Breite öffnete, eine 25 cm Durchmesser aufweisende Rohrleitung im Kies verlegte und den entstandenen Rohrgraben mit eigenem Material wieder auffüllte. Anschließend stellte die Subunternehmerin … den Oberbau der Zufahrtstraße, bestehend aus 10 cm Mineralgemisch, 3 cm Sandausgleich und 10 cm Verbundsteinpflaster fertig. Im November 1987 stellte die Klägerin ihre Werkleistungen insgesamt fertig und erstellte unter dem 30.11.1987 ihre Schlussrechnung. Am 10.12.1987 erstellte der von der Klägerin mit der Bauplanung und Bauüberwachung beauftragte Ingenieur … das von Vertretern der Parteien unterzeichnete Abnahmeprotokoll (Anl. K 3, Bl. 18–20 d.A. als Leseabschrift und Anl. B 10, Bl. 167–169 d.A. als Ablichtung des handschriftlichen Originals), in dem unter Ziff. 12 aufgeführt ist: „Die Gewährleistung gem. VOB läuft bis zum {0}9.12.1989. Vorher ist eine Nachabnahme durch zu führen.” In der Folgezeit übergab die Klägerin der Beklagten die auf dem Formular EFB-Sich 2 (Gewährleistungsbürgschaft) erstellte Bürgschaftsurkunde vom 12.12.1988 (Anl. K 2, Bl. 17 d.A. und Bl. 21 d.A.), in der die Landessparkasse … die selbstschuldnerische Bürgschaft zu einer Gesamthöhe von 120.000 DM übernommen hat und die mit der Klage heraus verlangt wird. Am 7.12.1989 (Leseabschrift als Anl. K 4, Bl. 22 und 23 d.A., Ablichtung des handschriftlichen Originals als Anl. B 9, Bl. 165–166 d.A.) erstellte der Ingenieur … die Niederschrift über die bautechnische Nachabnahme, die von den Parteien unterzeichnet wurde. Die Niederschrift listete unter Ziff. 5 u.a. folgende Mängel auf: „3. Versackungen sind nach gemeinsamer Begehung fest zu legen und aus- zugleichen. 4. Die gesamte Zufahrtstraße ist bzgl. der Versackungen auf der...