Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung der Frage, ob dem Mandanten durch die fehlerhafte Beratung des Steuerberaters ein Schaden entstanden ist, ist festzustellen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßer steuerlicher Beratung verhalten hätte. Hierzu müssen die Handlungsvarianten geprüft werden, die dem Mandanten offengestanden hätten. Deren Rechtsfolgen müssen ermittelt sowie miteinander und mit den Handlungszielen des Mandanten verglichen werden.
Normenkette
pVV; BGB § 611
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 18.10.2006; Aktenzeichen 7 O 497/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.10.2006 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 %
übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit leisten, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die beklagten Steuerberater, die den Kläger im Zeitraum von 1993-2002 in steuerlichen Angelegenheiten beraten und (jedenfalls) ab 1996 dessen Steuererklärungen gefertigt haben, auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Steuerberatungsvertrages in Anspruch.
1. Der Kläger, von Beruf Rechtsanwalt, war seit 1993 als Einzelanwalt tätig. Hierbei erwirtschaftete er erhebliche Verluste, etwa im Zeitraum von 1995 bis 1998 i.H.v. 321.614 DM, was sich in den Folgejahren fortsetzte (Aufstellung Bl. 39 d.A.). Zudem war er seit 1992 Eigentümer eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebes. Zumindest seit 1996 fanden zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1, dem Steuerberater B., verschiedene Gespräche wegen einer möglichen Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes statt. In einem Schreiben des Klägers vom 6.6.2004 heißt es hierzu (vgl. Bl. 214 d.A.):
"Erstmalig haben Sie die steuerliche Möglichkeit eine Betriebsaufgabe und die damit verbundene Folge der Überführung des Betriebsvermögens (die landwirtschaftlichen Grundstücke und Gebäude) in das Privatvermögen zu einem sehr günstigen Steuersatz (½) angesprochen bei einer hier am 14.5.1996 geführten Besprechung ...
Wiederum angesprochen wurde die Frage einer Betriebsaufgabe anlässlich einer am 25.11.1997 bei Ihnen geführten Besprechung ...
Unter dem 9.11.1998 haben sie mir den Entwurf einer Betriebsaufgabeerklärung übersandt und kommentiert."
In dem in Bezug genommenen Schreiben der Beklagten (Bl. 215 f. d.A.) heißt es am Ende:
"Ich habe mir erlaubt, diesem Schreiben eine Formulierung der Aufgabeerklärung ggü. dem Finanzamt H. beizufügen. Ich bitte Sie, diese Erklärung zu prüfen und gegebenenfalls zu unterzeichnen und an mein Büro mit den übrigen Unterlagen einzureichen. Diese Erklärung werde ich nur einreichen, wenn die steuerlichen Grundlagen zur Betriebsaufgabe klar und eindeutig geklärt sind und ich diese Angelegenheit mit Ihnen, gegebenenfalls in einem persönlichen Gespräch, erläutert habe."
Die Betriebsaufgabe erfolgte ungeachtet dieser Ankündigung der Beklagten ohne weitere Besprechung mit dem Kläger im Dezember 1998. Sie führte, da dem Finanzamt trotz mehrfacher Aufforderung zur Beibringung der zur Ermittlung der Besteuerung bei einer Betriebsaufgabe notwendigen Daten die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht wurden, zu einem Schätzungsbescheid hinsichtlich des Betriebsaufgabegewinns vom 22.10.2003, in dem dieser mit 1,3 Mio. DM angenommen und Steuern i.H.v. 212.221,50 EUR zu Lasten des Klägers festgesetzt wurden. Der Einspruch der Beklagten führte zu einer Herabsetzung des Veräußerungsgewinns auf 451.035 EUR sowie Festsetzung von Einkommensteuern für das Jahr 1998 i.H.v. 93.096,54 EUR.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 1 habe zur Aufgabe geraten und diese vollzogen, ohne die steuerlichen Folgen darzulegen. Bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung und detaillierten Ermittlung der bei einer Betriebsaufgabe zu erwartenden steuerlichen Belastungen hätte er, der Kläger, eine solche Erklärung nicht abgegeben. Infolge der Betriebsaufgabe seien ihm neben der durch die Versteuerung des Aufgabegewinns unmittelbar entstandenen Steueraufwendungen weitere zusätzliche Schäden entstanden:
a) In der Annahme, mit der Betriebsaufgabe seinen gesamten Grundbesitz in Privatvermögen überführt zu haben, habe er im Jahr 2002 zwei forstwirtschaftliche Grundstücke an die Stadt H. verkauft. Da jedoch eine Übernahme von forstwirtschaftlichen Grundstücken in das Privatvermögen ausgeschlossen sei, sei der Veräußerungserlös als Entnahmegewinn i.H.v. 77.260 EUR behandelt worden. Die Aufgrund dieses Sachverhalts erforderliche Steuerfestsetzung ist - unstreitig - noch nicht abgeschlossen.
b) Für das Steuerjahr 1997 seien - zuletzt durch Bescheid vom 28.5.2004 - unter Berücksichtigung von Entnahmegewinnen aus dem Verkauf von Grundstücken in den Jahren 1996 und 1997 Ei...