Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachmangel bei Verkauf von Bio-Legehennenkot und Champignonsubstrat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Veräußert ein Zwischenhändler, der von einem nach der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24.6.1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (EG-Öko-Verordnung) zertifizierten Landwirt Hühnertrockenkot und Champignonsubstrat erworben hat, an einen anderen Landwirt mit "Bioland-Zertifikat" zum Zweck der Verwendung als Dünger, so stellt es keinen Sachmangel des Kaufgegen-standes dar, wenn zwar der Landwirt, der den Hühnertrockenkot und das Champignonsubstrat ursprünglich hergestellt hat, nach Art. 8 der EG-Öko-Verordnung zertifiziert ist, nicht aber der Zwischenhändler, der nur den Weiterverkauf und Transport an den Endabnehmer (ebenfalls zertifizierter Landwirt) übernommen hat.

2. Hühnertrockenkot und Champignonsubstrat stellen Düngemittel und Bodenverbesser nach Anh. II zur EG-Öko-Verordnung dar, nicht dagegen nicht verarbeitete pflanzliche oder tierische Erzeugnisse nach Art. 1 Abs. 1 EG-Öko-Verordnung.

 

Normenkette

BGB § 434; EG-VO 2092/91

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 12.12.2008; Aktenzeichen 3 O 163/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.12.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.033,51 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB aus 1.569,02 EUR seit dem 7.3.2002 und aus 3.464,49 EUR ab dem 26.5.2007 zu zahlen, sowie eine Nebenforderung i.H.v. 481,40 EUR.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Berufung ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, Alt. 1, § 546 ZPO). Ferner rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen die angefochtene Entscheidung nicht (§ 513 Abs. 1, Alt. 2 ZPO). Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 5.033,51 EUR für die erfolgte Lieferung von Bio-Legehennenkot und Champignonsubstrat im Jahre 2007 gem. § 433 Abs. 2 BGB zu.

1. Zutreffend ist das LG zunächst davon ausgegangen, dass die Parteien einen Kaufvertrag und nicht nur einen reinen Transport- oder sonstigen Werkvertrag geschlossen haben. Hauptleistungspflicht der Klägerin sollte die Lieferung und Übereignung der Ware, Hauptleistungspflicht des Beklagten die Kaufpreiszahlung sein. Die Klägerin unterbreitete dem Beklagten mit Schreiben vom 3.1.2007 ein Angebot zur Lieferung von Dünger. Bezeichnet wurde dies als Champost/Pilzkultursubstrat mit Biolandzertifikat zum Preis von 23 EUR pro Tonne zzgl. Mehrwertsteuer frei Feldrand, sowie Hühnertrockenkot mit Biolandzertifikat aus Deutschland zum Preis von 25 EUR pro Tonne zzgl. Mehrwertsteuer frei Feldrand (Bl. 32 d.A.). Dieses Angebot nahm der Beklagte am 5.1.2007 an (Bl. 117 d.A.). Entsprechend erfolgten seitens der Klägerin dann auch Lieferungen im Zeitraum vom 8.1.2007 bis 17.4.2007 und die beiden Rechnungen vom 5.2.2007 über 1.569,02 EUR für den Bio-Legehennenkot (Bl. 12 d.A.) und vom 26.4.2007 für den Champost (Bl. 13 d.A.). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin hier nur den Transport übernehmen wollte und Kaufverträge unmittelbar zwischen dem Beklagten und den erzeugenden Landwirten geschlossen wurden, bestehen nicht. Entsprechend hat auch der für die Klägerin tätige Zeuge W. ausgesagt, die von der Klägerin belieferten Öko-Bauern stünden mit den Geflügelbauern selbst nicht in direkter Vertrags-beziehung. An diese sollten seitens des Beklagten keine Zahlungen erfolgen. Auch eine Weiterleitung von Zahlungen, die die Klägerin durch den Beklagten erhalten hätte, an die Erzeuger wäre nicht erfolgt. Nach Angaben des Zeugen W. erfolgte durch die Klägerin lediglich eine Bezahlung der von ihr eingesetzten Spediteure, während sie den überschießenden Betrag für ihre Dienstleistung erhalte. Unerheblich ist ferner, dass die Klägerin selbst an die Erzeuger keinen Kaufpreis gezahlt hat. Nach Angaben des Zeugen W. kauften sie die Stoffe nicht auf, sondern verwerteten sie nur zugunsten der Geflügelhalter und Produzenten und erhielten hierfür eine Aufwandsentschädigung von ihnen. Die Klägerin nehme ihnen die Dokumentation ggü. dem Landkreis vor Ort und den Zertifizierern ab. Der Umstand, dass die Klägerin mithin selbst keinen Kaufpreis an die Erzeuger entrichten musste, schließt es indessen nicht aus, dass sie selbst die Ware an den Beklagten verkauft hat. Ein eigener Ankauf einer Ware ist nicht Voraussetzung für ihren Weiterverkauf.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Parteien nachträglich vereinbart hätten, dass die Lieferung nur als Transport anzusehen sei. Zunächst hätte der Preis sich, wenn es nur um Transport und nicht um Verkauf gegangen wäre, ermäßigen müssen, was nicht der Fall ist. Sollte ein tatsächlich vorliegender Kaufvertrag auch nur als Transport umdeklariert w...

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