Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Aufgabe eines Tierarztes, Auftraggeber über Behandlungsmethoden und ihre Gefahren zu beraten
Normenkette
BGB §§ 241, 280
Verfahrensgang
LG L. (Urteil vom 05.12.2008; Aktenzeichen 4 O 272/07) |
Tenor
Auf die selbständigen Berufungen der Parteien wird das am 5.12.2008 verkündete Teil- und Grundurteil der 4. Zivilkammer des LGs L. (Az.: 4 O 272/07) geändert und als Schlussurteil abschließend wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.639,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.11. 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu einem Drittel, der Beklagte zu zwei Dritteln.
Das Urt. ist vorläufig vollstreckbar.
Die Rev. wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche der Klägerin wegen einer Pflichtverletzung des Beklagten aus einem tierärztlichen Behandlungsvertrag.
Die Klägerin ist Pferdezüchterin und beauftragte den Beklagten im Frühjahr 2006 damit, bei ihrer Stute "S. ("H.") durch Besamung eine Trächtigkeit herbeizuführen. Das daraus entstandene Fohlen sollte im Jahre 2007 verkauft werden.
Nachdem der Beklagte am 12. und 14.4.2006 bei der Stute Besamungen durchgeführt hatte, stellte er bei einer Ultraschalluntersuchung am 29.4.2006 (15. bzw. 17. Tag der Besamung) die Trächtigkeit fest. Die vorliegende Zwillingsträchtigkeit erkannte er nicht.
Weitere Untersuchungen fanden zunächst nicht statt, bis der Beklagte am 15.2.2007 wegen Koliksymptomen, unter denen "S." litt, um eine Behandlung gebeten wurde. Nach der Untersuchung wies er die Stute in die Tierklinik B. ein. Zur Behandlung der Kolik führte der Tierarzt Dr. A. bei "S." einen Kaiserschnitt aus und entband zwei Fohlen, die in den Tagen nach der Geburt starben. Für seine Tätigkeit stellte er der Klägerin 5.092,81 Euro in Rechnung, die zwischenzeitlich von ihr beglichen wurden. In dem Folgejahr 2007/2008 schlug die geplante Besamung der Stute fehl.
Die Klägerin hat die Kosten der Kolikbehandlung in Höhe von 5.092,81 Euro sowie Ersatz für die ausgebliebenen Fohlen der Zuchtjahre 2006/2007 und 2007/2008 geltend gemacht.
Sie hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe die Stute "S." behandlungsfehlerhaft nicht auf das Vorliegen einer Zwillingsträchtigkeit hin untersucht, obwohl dies von dem abgeschlossenen Behandlungsvertrag umfasst gewesen sei.
Sie hat behauptet, dass sie bei rechtzeitiger Diagnose die Zwillingsträchtigkeit abgebrochen hätte, indem sie entweder eine Frucht "abgedrückt" oder beide Früchte entfernt hätte, um zu gewährleisten, dass die Stute im Zuchtjahr 2006/2007 ein gut verkäufliches Fohlen zur Welt bringen würde. Stattdessen sei die Stute aber infolge der Zwillingsträchtigkeit an einer Kolik erkrankt. Der deshalb erforderliche Kaiserschnitt habe schließlich zum Tod beider Fohlen geführt.
Zudem habe die Zwillingsträchtigkeit auch dazu geführt, dass die Besamung in der nächsten Decksaison für das Zuchtjahr 2007/2008 fehlgeschlagen sei, weshalb sie im Ergebnis in den Jahren 2007 und 2008 keine Fohlen von "S." hätte verkaufen können. Diese hätten jeweils einen Gewinn von mindestens 5.000 Euro erbracht.
Der Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass er nur mit der Besamung und einer Trächtigkeitsuntersuchung beauftragt worden sei. Beide Behandlungen habe er pflichtgemäß durchgeführt. Im Übrigen seien die Kolik, der Tod der Fohlen und der fehlgeschlagene Besamungsversuch im Zuchtjahr 2007/2008 nicht durch die Zwillingsträchtigkeit verursacht worden.
Das LG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines tiermedizinischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. O. vom 15.5.2008. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat es der Klage (in Form eines Teil- und Grundurteils) teilweise stattgegeben mit der Begründung, der Beklagte habe eine Pflichtverletzung aus dem Behandlungsvertrag begangen, weil er die Zwillingsträchtigkeit vorwerfbar nicht erkannt habe. Da die Zwillingsträchtigkeit nach dem Sachverständigengutachten jedenfalls mitursächlich für die fehlgeschlagene Besamung im Zuchtjahr 2007/2008 war, habe der Beklagte diesen finanziellen Verlust zu ersetzen.
Im Übrigen habe ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und der Klinikkosten sowie dem Tod beider Fohlen nicht hergestellt werden können. Dies gehe zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin, eine Beweislastumkehr aufgrund eines groben Behandlungsfehlers komme nicht in Betracht.
Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren selbstständigen Berufungen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der ihm erteilte Auftrag allein dahin gegangen sei, die Stute zu besamen und am 16. Tag zu untersuchen. Ein weiterer Untersuchungsauftrag sei nicht erteilt worden. Auch habe er keine Aufklärungspflichten verletzt, weil die Klägerin nicht aufklärungsbedürftig gewesen sei.
Soweit die Einstandspflicht des Beklagten dem Grun...