Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Anscheinsbeweis bei gestelltem Unfall
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 27.06.2003; Aktenzeichen 4 O 467/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 27.6.2003 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Verden wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 14.388,38 Euro.
Gründe
Die Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger steht aus dem behaupteten Verkehrsunfall vom 27.12.2001 kein Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 BGB, 7, 18 StVG, 3 PflVersG gegen die Beklagten zu. Der Kläger hat nicht schlüssig vorgetragen, dass die Schäden an seinem Lkw Mercedes-Benz-Sprinter ganz oder teilweise aus dem Unfall herrühren (I.); zudem ist das LG mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass ausreichende Anhaltspunkte für einen gestellten Unfall vorliegen (II.).
I. Der Sachvortrag des Klägers zur Höhe seiner Schadensersatzforderung ist unschlüssig. Er müsste darlegen, dass der geltend gemachte Schaden oder zumindest ein bestimmter abgrenzbarer Teil auf den angeblichen Verkehrsunfall zurückzuführen ist. Daran fehlt es:
1. Nach dem Gutachten des Privatsachverständigen P. vom 30.9.2002 (Bl. 37 ff. d.A.) steht fest, dass der Kläger seine Forderung jedenfalls teilweise auf Vorschäden stützt, die keinesfalls aus dem behaupteten Unfall herrühren können. Dies gilt zum einen für Kratz- und Schrammspuren an der rechten vorderen Tür, der rechten B-Säule, der rechten Schiebetür sowie dem rechten Seitenteil, die einen Gesamtbetrag i.H.v. 2.831,62 Euro ausmachen (Bl. 16 bis 18 des Gutachtens, Bl. 52 bis 54 d.A.). Zum anderen finden sich an beiden Seiten des Lkw punktuelle Schäden ohne erkennbare ein- oder auslaufende Spurenzeichnungen in Form von Kratz- oder Schürfspuren, die bei einem Unfall zwischen sich entgegenkommenden Fahrzeugen nicht zu erklären sind (Bl. 12 und 19 des Gutachtens, Bl. 48 und 55 d.A.).
2. Der Kläger räumt ein, dass es sich bei den Schäden an der rechten Seite des Lkw i.H.v. 2.831,62 Euro um Vorschäden handelt; zu den punktuellen Schäden an beiden Fahrzeugseiten erklärt er sich demgegenüber nicht. Ist davon auszugehen, dass nicht sämtliche Schäden an einem Fahrzeug auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sind und macht der Kläger zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben, so ist ihm auch für die dem behaupteten Unfallereignis zuzuordnenden Schäden kein Ersatz zu leisten. Denn aufgrund dieser Vorschäden lässt sich nicht ausschließen, dass auch die kompatiblen Schäden durch das frühere Ereignis verursacht worden sind und/oder bereits seinerzeit erhebliche Vorschäden vorhanden waren (st. Rspr. des OLG Celle; vgl. auch OLG Köln OLG-RR 1999, 251 [252]). Unabhängig davon lässt sich hier die Höhe des Schadens aus dem angeblichen Verkehrsunfall vom 27.12.2001 auch schon deshalb nicht beziffern, weil der Kläger zur Höhe der punktuellen Schäden, die jedenfalls aus der Forderung herausgerechnet werden müssten, keinerlei Angaben macht.
3. Die Feststellungen des Privatsachverständigen P. sind verwertbar; eine weitere Aufklärung des technischen Sachverhalts durch Einholung des von dem Kläger beantragten gerichtlichen Sachverständigengutachtens ist nicht erforderlich. Bei der Stellungnahme eines Privatgutachters handelt es sich um urkundlich belegten qualifizierten Parteivortrag (st. Rspr.; s. nur BGH NJW 2001, 77 [78]), der die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich macht, wenn sie das Gericht gem. § 286 ZPO für ausreichend hält, um die Beweisfrage zu beantworten (BGH v. 27.5.1982 – III ZR 201/80, MDR 1983, 35 = NJW 1982, 2874 [2875]). Bestreitet allerdings der Gegner die zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen oder die gutachterlichen Schlussfolgerungen, so kann er den Gegenbeweis durch Antrag auf Einholung eines Gerichtsgutachtens antreten (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 402 Rz. 6c).
Das Privatgutachten bietet eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Es ist von Fachkunde geprägt, detailliert und gut verständlich. Der Kläger selbst macht es sich teilweise zu Eigen, indem er die Altschäden an der rechten Fahrzeugseite seines Lkw einräumt. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2003 hat er weder die Anknüpfungstatsachen noch die gutachterlichen Feststellungen konkret angegriffen, sondern sich darauf beschränkt, die Kompatibilität der Unfallschäden durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens unter Beweis zu stellen. Erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7.1.2004 behauptet der Kläger nun, der Privatsachverständige stütze seine Ergebnisse auf „teilweise undeutliche” Lichtbilder und hätte die Fahrzeuge „unmittelbar vor Ort an der Unfallstelle gegenüberstellen” müssen. Unabhängig davon, dass diese Einwendungen gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet sind, gehen sie auch offensichtlich fehl: Die Fotos geben die Schäden hinreichend deutlich wieder. Im Übrig...