Entscheidungsstichwort (Thema)
Feste Invaliditätsgrade in § 7 Abs. 1 Nr. 2 AUB 88
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Urteil vom 11.08.2009) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 11.8.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bückeburg wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.920,27 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht mit seiner Klage weitere Versicherungsleistungen aus einer zwischen den Parteien seit 2001 bestehenden Unfallversicherung geltend. Dieser liegen die AUB 88 (Bl. 36) zugrunde. Versicherte Person ist auch die Ehefrau des Klägers (Versicherungsschein Bl. 6). Die Invaliditätssumme beträgt 58.000 DM/29.654,93 EUR. Bei einem Invaliditätsgrad zwischen 25 % und 50 % besteht ein Anspruch auf die doppelte Invaliditätssumme.
Die Ehefrau des Klägers erlitt am 2.9.2006 einen Unfall, bei dem sie sich ein schweres Distorsionstrauma der rechten Hand mit einer Mittelhandquetschung und Mittelhand-Knochenfrakturen in den Bereichen II bis V zuzog. Nach dem handchirurgischen Fachgutachten des Dr. S. vom 25.3.2008 (Bl. 7 ff.) beträgt die dauernde Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit - des rechten Handgelenkes und der rechten Hand - nach der Gliedertaxe der AUB 88 ein Drittel.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Invaliditätsgrad gem. § 7 I. (2) AUB 88 betrage 55 % für die Beeinträchtigung der Hand sowie 20 % für die des Daumens, 10 % für die des Zeigefingers und je 5 % für die weiteren Finger, wobei die Werte zu addieren seien und sich daraus eine 100%ige Invalidität ergebe. Da das Handgelenk und die einzelnen Finger jedoch nicht vollständig funktionsunfähig, sondern lediglich beeinträchtigt seien, und zwar den Angaben des Gutachters zufolge zu einem Drittel, stehe dem Kläger ein Anspruch von 33,33 % zu, wobei dann die doppelte Invaliditätssumme anzusetzen sei. Daraus errechnet der Kläger folgenden Anspruch:
29.654,93 EUR × 25 % = |
7.413,73 EUR |
+ 2 × 29.654,93 EUR × 8,33 % = |
4.942,29 EUR |
Insgesamt: |
12.356,02 EUR |
abzgl. gezahlter |
5.435,75 EUR |
= |
6.920,27 EUR, |
was der Klagforderung entspricht.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe lediglich ein Anspruch von 1/3 × 55 % der Versicherungssumme zu. Eine Addition komme nicht in Betracht. In den Prozentsätzen der Gliedertaxe sei berücksichtigt, wie sich der unfallbedingte Verlust bzw. die unfallbedingte Gebrauchsunfähigkeit oder Gebrauchseinschränkung eines Untergliedes oder Gliedteils auf den verbleibenden Gliedrest auswirke. Maßgeblich sei allein die prozentuale Einschränkung des betroffenen Obergliedes.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Eine Addition der Gliedertaxen komme nicht in Betracht, wie sich aus der Systematik ergebe. Auch wenn dies nicht ausdrücklich in § 7 AUB 88 aufgeführt sei, bestehe ein Über- und Unterordnungsverhältnis der einzelnen Gliedmaßen. Der Verlust bzw. die Gebrauchsunfähigkeit eines funktionell höher bewerteten, rumpfnäheren Gliedes schließe grundsätzlich die Beeinträchtigung bzw. den Verlust eines rumpfferneren Gliedes mit ein. Aus den Entscheidungen des BGH zu den Formulierungen "Hand im Handgelenk" und "Arm im Schultergelenk", die der BGH für unklar gehalten hat, ergebe sich für den Kläger nichts. Um die Frage der Addition einzelner Invaliditätsgrade sei es dort gerade nicht gegangen.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag weiterverfolgt. Er wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.920,27 EUR, verzinslich mit 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 1.4.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, das angefochtene Urteil sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil trifft zu.
a) Dem Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien, in das die geschädigte Ehefrau des Klägers einbezogen ist, liegen die zu den Akten gereichten AUB 88 zugrunde. Diese enthalten in § 7 I. (2) a Pauschalierungen in Gestalt der sog. Gliedertaxe. Diese enthält - in ihrem Anwendungsbereich unter regelmäßigem Ausschluss des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - feste Invaliditätsgrade für Verlust- oder Funktionsunfähigkeit der dort genannten Glieder. Jedem dort abgegrenzten Teilbereich eines Armes oder Beines werden feste Invaliditätsgrade zwischen 2 % und 70 % zugeordnet. Dabei steigt der Invaliditätsgrad mit Rumpfnähe des Teilgliedes. Die Gliedertaxe stellt dabei für den Verlust bzw. die Funktionsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig alleine auf den Sitz der unfa...