Leitsatz (amtlich)
Die bloße Bitte eines Maklers um Grundbucheinsicht berechtigt den Notar ohne nähere Prüfung eines berechtigten Interesses nicht zur Einholung eines Grundbuchauszugs im automatisierten Abrufverfahren (Bestätigung von Not 26/10).
Normenkette
GBO §§ 12, 133; GBV § 43; BNotO § 14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung einer Disziplinarverfügung und des sie bestätigenden Widerspruchsbescheids. Mit der Disziplinarverfügung wurde gegen den Kläger ein Verweis wegen der unberechtigten Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch in sechs Fällen verhängt.
Aufgrund einer turnusmäßigen Überprüfung der Amtsgeschäfte wirft der Beklagte dem Kläger, in sechs Fällen unberechtigt Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch genommen zu haben, weil dies für andere als die in § 43 Abs. 2 GBV geregelten Zwecke erfolgt sei. Dabei handelt es sich um Einsichtnahmen in die Grundbücher der Eigentümer B. M. am 5.1.2009, S. Ma. am 26.1.2009, H. und R. Sch. am 27.1.2009, H.-J. C. am 12.3.2009, R. N. am 18.3.2009 und U. K. am 2.6.2009. Die Grundbuchauszüge sind von verschiedenen Maklern beim Notar abgefragt worden. Die Beurkundung eines Kaufvertrags hat nicht beim Kläger, sondern bei einem anderen Notar stattgefunden. Der Kläger hat mittlerweile Gebühren für die Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch erhoben.
Der Beklagte hat nach Einleitung des nichtförmlichen Disziplinarverfahrens mit Bescheid vom 4.1.2010 einen Verweis verhängt. Zur Begründung hat er angegeben, es liege ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 und 3 BNotO vor. Der Kläger habe die Grundbuchauszüge "auf Zuruf" an die Makler übersandt oder übersenden lassen. Diese Auszüge seien ohne jeden Berechtigungsnachweis des Anfordernden und ohne Aufnahme eines Vermerks über die Person und des Berechtigten, den Zeitpunkt und den Grund des Ersuchens übersandt. Ein Auftrag für ein notarielles Amtsgeschäft habe nicht vorgelegen. Das hiergegen vom Kläger eingelegte Rechtsmittel hat der Präsident des OLG Celle mit dem Widerspruchsbescheid vom 31.1.2011 zurückgewiesen. Den Notaren, die an dem automatisierten Abrufverfahren für elektronisch geführte Grundbücher teilnehmen, sei die Einsicht nur gestattet, wenn es sich um eine notarielle Angelegenheit handele und ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 12 GBO bestehe. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen; der Notar habe die ihm obliegende Prüfung vor Nutzung des Abrufverfahrens nicht durchgeführt. Es habe kein Auftrag eines Eigentümers vorgelegen, sondern die Bitte eines Maklers, der behauptet habe, vom Eigentümer einen Verkaufsauftrag erhalten zu haben. Der vom Kläger vorgelegte Vermerk der Bundesnotarkammer vom 26.5.2010 gebe für die Entscheidung nichts her. Die von der Bundesnotarkammer vertretene Auffassung, eine Einsicht sei auch ohne Zusammenhang mit einer notariellen Amtstätigkeit gestattet, werde nicht geteilt. Dem Notar obliege nicht die Entscheidung über die Berechtigung eines Begehrens von Antragstellern auf Grundbucheinsicht.
Der Kläger hat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 4.2.2011 Klage erhoben. Er vertritt unter Bezugnahme auf die Entscheidung des erkennenden Notarsenats vom 24.8.2010 (Not 9/10) die Auffassung, er habe eine notarielle Amtshandlung vorgenommen, da er auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege tätig geworden sei. Die Grundstückseigentümer hätten die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke verkaufen wollen und zu diesem Zwecke Makler eingeschaltet. Auf der Grundlage des von den Eigentümern erteilten Maklerauftrags seien diese - die Makler - an den Kläger in seiner Eigenschaft als Notar herangetreten, um Grundbuchabschriften anzufordern. Ein konkreter notarieller Auftrag im Sinne eines Beurkundungs- oder Beglaubigungsgeschäftes sei nicht erforderlich. Vielmehr ergebe sich aus § 43 Abs. 2 GBV, dass der Eigentümer immer ein berechtigtes Interesse habe und es im Übrigen der Darlegung eines berechtigten Interesses durch den Notar nicht bedürfe. Einen "Grundbuchservice auf Zuruf" eines Maklers habe er nicht betrieben.
Der Kläger stellt den Antrag, die Disziplinarverfügung des Präsidenten des LG Stade vom 4.1.2010 (Az.:...) sowie den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des OLG Celle vom 31.1.2011 (Az.:...) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die von ihm erlassene Disziplinarverfügung sowie den Widerspruchsbescheid.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat gegen den Kläger zu Recht einen Verweis wegen der unberechtigte Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch in sechs Fällen verhängt. Es liegt ein Dienstvergehen wegen des Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 und 3 BNotO vor.
Ein Notar hat gem. § 14 Abs. 1 BNotO sein Amt getreu seinem Eide zu verwalten. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO hat er jedes Verhalten zu vermeiden, dass den Anschein eines Verstoßes gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erzeugt. Hierge...