Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 31.08.2015; Aktenzeichen 25 O 42/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Hannover abgeändert und der Antrag der Verfügungsklägerin vom 31.8.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 255.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Neuabschlusses eines Konzessionsvertrags gem. § 46 Abs. 2 EnWG für den Betrieb des Stromnetzes der allgemeinen Versorgung im Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten mit der dem einstweiligen Verfügungsverfahren in zweiter Instanz auf Seiten der der Verfügungsbeklagten beigetretenen Streithelferin, der Stadtwerke H. GmbH (= SWH), in Anspruch.

Die Verfügungsklägerin ist Rechtsnachfolgerin der E. AG, der Altkonzessionärin. Der Konzessionsvertrag endete mit Ablauf des 31.12.2011 (vgl. Anlage ASt 1). Am 13.7.2009 gab die Verfügungsbeklagte gem. § 46 Abs. 3 EnWG bekannt, dass sie beabsichtige, einen neuen Konzessionsvertrag mit einer 20-jährigen Laufzeit abzuschließen (Anlage ASt 2). Die Verfügungsklägerin bekundete daraufhin Interesse, ebenso die Streithelferin, die im Gemeindegebiet u.a. für die öffentliche Wasserversorgung, die Gas- und Wärmeversorgung zuständig und seit 2009 im Stromvertrieb tätig ist. An der Streithelferin ist seit 2011 die G. AG beteiligt, die ihrerseits seit 2014 über die G. Energienetze GmbH ein Stromnetz betreibt.

Im Jahr 2010 entschied sich die Verfügungsbeklagte dazu, den Konzessionsvertrag mit der Streithelferin abzuschließen. Die Verfügungsklägerin wandte sich deswegen an die Landeskartellbehörde Niedersachsen, die Bedenken äußerte, woraufhin sich die Verfügungsbeklagte verpflichtete, das Interessenbekundungsverfahren erneut durchzuführen. Sie hob daher die Beschlüsse zur Konzessionierung der Streithelferin auf und informierte die am Netzbetrieb interessierten Unternehmen in einem Verfahrensbrief vom 22.12.2011 über das Auswahlverfahren und die maßgeblichen Entscheidungskriterien (Anlage ASt 29). Die Verfügungsklägerin beteiligte sich erneut. Mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangenen Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 17.12.2013 (KZR 65 und 66/12) entschied sich die Verfügungsbeklagte jedoch, das Verfahren ein weiteres Mal aufzuheben. Dies machte sie nach vorheriger Information der Bieter (vgl. Anlage ASt 37) und am 17.6.2014 im Bundesanzeiger gem. § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG bekannt und forderte Interessenten dazu auf, Interessenbekundungen bis zum 15.9.2014 schriftlich bei ihr einzureichen (Anlage ASt 38).

Dieses "dritte" Interessenbekundungsverfahren, bei dem sich die Verfügungsklägerin von ihren Verfahrensbevollmächtigten unterstützen ließ, ist Gegenstand des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Am 7.10.2014 übersandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin - die ein weiteres Mal Interesse bekundete - einen "Ersten Verfahrensbrief", der Informationen zum Stand und weiteren Verlauf des Verfahrens sowie allgemeine Hinweise für Bewerber, Informationen über die erforderlichen Eignungsnachweise, Mindestanforderungen an die Angebote und insbesondere die Auswahlkriterien nebst Gewichtung sowie die Aufforderung zur Abgabe indikativer - d.h. unverbindlicher - Angebote enthielt (vgl. Anlage ASt 39). Die Auswahlkriterien wurden in zwei Hauptgruppen - A "Erreichung der Ziele des § 1 EnWG" mit einer maximal zu erreichenden Punktzahl von 650 Punkten und B "Vertragliche Regelungen der Wegenutzung" mit einer Gesamtpunktzahl von 350 Punkten -, gegliedert und in weitere Untergruppen, Kriterien und Unterkriterien unterteilt. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 10 bis 13 des Ersten Verfahrensbriefs Bezug genommen, in dessen Anlage 2 die Kriterien näher erläutert sind (ebenfalls Anlage ASt 39). Darüber hinaus enthielt der Verfahrensbrief als Anlage 3 die Gliederung eines mit dem Angebot abzugebenden Netzbewirtschaftungskonzepts und als Anlage 4 ein unverbindliches Muster eines Konzessionsvertrages.

Innerhalb der den Bietern bis zum 21.11.2014 eingeräumten Frist für Verfahrensrügen sowie Anfragen zum Verfahren rügte die Verfügungsklägerin u.a. die Intransparenz des Verfahrens in Bezug auf die unter Abschnitt E. III. des Ersten Verfahrensbriefs angekündigte "relative Bewertungsmethode" sowie die Zulässigkeit verschiedener der Unterkriterien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen ASt 40 und 41 verwiesen. Die Verfügungsbeklagte wies die Rügen mit Schreiben vom 4.12.2014 zurück, beantwortete die Anfragen zum Verfahren und gab weitere Hinweise (vgl. Anlage ASt 42). Mit Schreiben vom 21.1.2015 verhielt sie sich zu weiteren Anfragen (Anlage ASt 44).

Am 18.12.2014 übersandte die Verfügungsklägerin ein indiktives Angebot für die Stromkonzessionsvergabe (Anlage ASt 43).

Am 25.2.2015 fand ein Präsentations- und Verha...

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