Leitsatz (amtlich)

1. Nach §§ 30, 31 GmbHG muss der im Zeitpunkt der Vermögensübertragung vorhandene Wert des Gesellschaftsvermögens bis zur Höhe der Stammkapitalziffer wieder hergestellt werden. Sofern dieses Ziel durch Rückübertragung des weggegebenen Vermögensgegenstandes nicht erreicht werden kann, weil dieser inzwischen an Wert verloren hat, hat der Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen durch Geldzahlung wieder aufzufüllen.

2. Der Gesellschafter trägt dieses Risiko einer Wertminderung des Gegenstandes ausnahmsweise nicht, sofern diese auch dann eingetreten wäre, wenn sich der Gegenstand noch im Vermögen der Gesellschaft befunden hätte. Anderenfalls erhielte die Gesellschaft letztlich mehr, als ihr verblieben wäre, wenn es eine das Stammkapital beeinträchtigende Handlung nicht gegeben hätte; eine solche "Besserstellung" bezwecken indes die Kapitalschutzregeln nicht.

 

Normenkette

GmbHG §§ 30-31

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 10.10.2005; Aktenzeichen 9 O 7/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.03.2008; Aktenzeichen II ZR 24/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 10.10.2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Verden wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des LG verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung macht der Kläger weiterhin geltend, die D. Küchenmöbel GmbH sei am 7.2.2000 überschuldet und zahlungsunfähig sowie im Übrigen auch kreditunwürdig gewesen. Die Bilanz zum 31.12.1999 sei sowohl hinsichtlich der Aktiva als auch bezüglich der Passiva zu korrigieren, sodass die Überschuldung den ausgewiesenen Jahresfehlbetrag von 257.393,70 DM noch übersteige. Dem Kläger stehe daher ein Anspruch entsprechend § 31 GmbHG zu, da sich mit Eintritt der Krise das sog. stehengelassene Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital umqualifiziert habe. Der Beklagte schulde die Wiederherstellung des Vermögensstandes vor der verbotenen Auszahlung. Soweit die Patronatserklärung und die Höchstbetragsbürgschaft zurückgegeben worden seien, stehe dies einer Erstattungspflicht nicht entgegen. Die Leistungen aufgrund des Vertrages vom 7.2.2000 seien zudem gem. §§ 133, 134 InsO anfechtbar. Schließlich stehe dem Kläger ein Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB zu.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Verden vom 10.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zur Masse 943.844,81 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 2.7.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, die Gesellschaft sei weder zum Jahresende 1999 noch am 7.2.2000 überschuldet oder zahlungsunfähig gewesen. Die in der Bilanz ausgewiesenen Werte seien zutreffend. Wertersatz schulde der Beklagte darüber hinaus nicht, da die Wertverringerung der Beteiligung an der E.-GmbH unabhängig vom Wechsel von der Insolvenzschuldnerin auf den Beklagten eingetreten sei. Anfechtungsrechtliche Ansprüche seien nicht gegeben, da weder eine unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO vorliege, noch die Schuldnerin mit dem nach § 133 InsO erforderlichen Benachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Als Rechtsfolge einer Anfechtung ergebe sich auch kein Zahlungsanspruch, sondern nur der Anspruch auf Rückgewähr des weggegebenen Gegenstandes, hier also auf Rückübertragung der Geschäftsanteile, wozu der Beklagte bereit sei. Der Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist unbegründet; dem Kläger steht kein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu.

1. Ein auf eigenkapitalersatzrechtliche Vorschriften oder Grundsätze gestützter Zahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu.

a) Die Voraussetzungen der §§ 32b GmbHG bzw. 135 Nr. 2 InsO sind nicht erfüllt. § 32b GmbHG betrifft nur Zahlungen, die im letzten Jahr vor dem Insolvenzeröffnungsantrag durch die Gesellschaft geleistet worden sind, während nach § 135 Nr. 2 InsO die Anfechtung nur dann möglich ist, wenn die "Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag" vorgenommen worden ist. Da die Übertragung der Geschäftsanteile am 7.2.2000 erfolgte, der Eigenantrag indes am 31.5.2001 gestellt wurde, ist diese Frist verstrichen.

b) Ein Anspruch analog §§ 30, 31 GmbHG besteht ebenfalls nicht. Es kann dahinstehen, ob sich die spätere Insolvenzschuldnerin zur Zeit der Übertragung der Geschäftsanteile in der "Krise" befand, die Gesellschaft also zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig oder überschuldet (zu...

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