Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 23.12.2021; Aktenzeichen 5 O 387/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. Dezember 2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.167,59 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2021 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: Wertstufe bis 19.000 EUR.
Gründe
(§§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO):
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung wegen einer Genussrechtsbeteiligung in Anspruch, welche sie (infolge einer einvernehmlichen Umwandlung einer zunächst bei der ... AG eingegangenen Genussrechtsbeteiligung, Anl. K 2 und K 3, Bd. I, Bl. 139 ff. d. A.) an der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einer österreichischen Aktiengesellschaft, erworben hatte. Mit Schreiben vom 4. April 2019 (Anl. K 7, Bd. I, Bl. 146 d. A.) erklärte die Klägerin die außerordentliche Kündigung der Beteiligung.
Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bd. III, Bl. 843 ff. d. A.) wegen der näheren Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen, der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat unter Bejahung seiner internationalen und örtlichen Zuständigkeit sowie einer wirksamen Klageerhebung die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, die Klägerin könne auch bei einer (vom Landgericht offengelassenen) wirksamen Beendigung ihrer Beteiligung einen Rückzahlungs- oder Schadensersatzanspruch allenfalls in Höhe des Nennwerts ihrer Beteiligung abzüglich eines Verlustanteils geltend machen. Insoweit habe die Beklagte substantiiert und unter Bezugnahme auf die Bilanzen ihrer Rechtsvorgängerin vorgetragen, dass im Streitfall Verluste eingetreten seien, die anteilig den Nennbetrag der Beteiligung der Klägerin überstiegen. Diesen Vortrag habe die Klägerin nicht zureichend bestritten.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Prozessziel in vollem Umfang weiterverfolgt. Sie macht geltend, die Klägerin habe wirksam die außerordentliche Kündigung ihrer Beteiligung erklärt, nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten mitgeteilt habe, die Genussrechtsbeteiligung durch die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zum Untergang gebracht zu haben. Angesichts dessen hafte, wie zahlreiche Obergerichte in gleich gelagerten Fällen bereits entschieden hätten, die Beklagte für den der Klägerin hierdurch entstandenen Schaden. Dessen Höhe ergebe sich, wie ebenfalls vielfach gerichtlich entschieden worden sei, aus dem der Klägerin von der Rechtsvorgängerin mit Schreiben vom Februar 2019 (Anl. K 6, Bd. I, Bl. 144 f. d. A.) mitgeteilten rechnerischen Wert der Beteiligung. Zu insoweit abzugsfähigen Verlustanteilen habe die Beklagte nichts Überprüfbares vorgetragen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Insbesondere habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Genussrechte der Klägerin zum Stichtag der Schlussbilanz der Rechtsvorgängerin, also am 31. Dezember 2017, wertlos gewesen seien. Weiter macht die Beklagte geltend, sie habe zudem aufgezeigt, dass der Klägerin zum Ausgleich für die untergegangenen Genussrechte wirtschaftlich mehr als gleichwertige Rechte gewährt worden seien. Ohnehin müsse hinsichtlich des Wertes der Genussrechte zwischen dem rechnerischen Wert im Sinne eines Marktwertes und dem Rückzahlungsbetrag im Sinne des Buchwertes differenziert werden. Auf den der Klägerin mit Schreiben vom Februar 2019 mitgeteilten Wert könne insoweit nicht abgestellt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin erweist sich in vollem Umfang als begründet, weshalb die angefochtene Entscheidung abzuändern und der Klage - auf den Hauptantrag hin - stattzugeben war.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin ein Anspruch hinsichtlich der von der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin zum Untergang gebrachten Genussrechte aus den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selber gestellten Genussrechtsbedingungen (Anl. K 5, Bd. I, Bl. 142 f. d. A.) zu. Die Forderung ergibt sich aus deren §§ 6 und 8, und zwar auch bei Anwendung österreichischen Rechts, namentlich der einschlägigen Regelungen des ABGB (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021, 20 U 24/20, juris; OLG Zweibrücken, Urteile vom 25. März und 20. Mai 2021, 4 U 137/20 und 4 U 34/20, juris; OLG Bremen, Urteil vom 1. Juli 2021, 3 U 39/20, juris; OLG Dresden, Urteil vom 3. März 2021, 5 U 1581/20, Anl. BK 12 im gesonderten Hefter).
Die Beklagte haftet für die seitens ihrer Rechtsvorgängerin eingegangene Verpflichtung aus § 6 Nr. ...